Frage an Sven Lehmann von Alexander B. bezüglich Bildung und Erziehung
Guten Tag,
wie wir aus den Medien erfahren steigt der Anteil der Coronavariante Delta immer weiter an.
Sehr viele Fachleute und Politiker sehen die Fortführung des Präsenzunterrichts im Herbst bereits sehr kritisch.
Wir möchte nun von Ihnen wissen, welche konkreten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts Sie vorschlagen bzw. planen.
Eine Aufhebung des Präsenzunterrichts wäre unserer Meinung nach weder den Kindern noch den Eltern erneut zumutbar.
Wir hoffen, dass es nicht wieder bei leeren Versprechungen oder einem Ignorieren der Situation endet.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander und Dr. Annette Bruchner
Sehr geehrte Frau Dr. Bruchner,
sehr geehrter Herr Bruchner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 26. Juni zu möglichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts im Herbst.
In den zurückliegenden 18 Monaten waren Kinder und Jugendliche zu oft die Leidtragenden der Covid-19-Pandemie und das muss sich dringend ändern. In Hinblick auf das kommende Schuljahr dürfen jetzt nicht dieselben Fehler gemacht werden wie letzten Sommer, sondern sicherer Schulunterricht in Präsenz sollte abgesichert durch Schutzmaßnahmen ermöglicht werden. Wichtig ist dabei sowohl der Einbau von geeigneten Luftfilteranlagen in Klassenräumen als auch die schnelle und gezielte Impfung des pädagogischen Personals sowie der Eltern schulpflichtiger Kinder. Als Monitoring und Screening-Instrument halten wir es für wichtig, die Testpflicht an Schulen beizubehalten. Der Landtag in NRW hat hierzu unter anderem im Juni Gelder freigegeben, damit im kommenden Schuljahr die Tests an Schulen fortgesetzt werden können. Wir sagen aber auch deutlich, dass die Testpflicht genauso am Arbeitsplatz, bei körpernahen Dienstleistungen und für Reiserückkehrer gelten muss.
Der Bund darf sich in einer pandemischen Ausnahmesituation nicht hinter Zuständigkeitsdebatten verstecken, sondern muss alles tun, um Kinder und pädagogisches Personal besser zu schützen. Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir daher bereits im letzten Jahr ein umfassendes Förderprogramm für mobile Luftfilter für Schulen gefordert, um vor allem Bildungs- und Betreuungseinrichtungen zu unterstützen, in denen sich Klassenräume nicht pandemiegerecht lüften lassen und wo Kommunen als Träger nur über geringe eigene finanzielle Spielräume verfügen.
Zudem muss beim Thema Bildung und Schule die Landesebene aktiv werden, da es in ihrer Zuständigkeit liegt. Unsere GRÜNEN Kolleginnen und Kollegen im nordrhein-westfälischen Landtag haben hier mit einem Entschließungsantrag die schwarz-gelbe Landesregierung von Herrn Laschet aufgefordert, die Rahmenbedingungen für das Schuljahr 2021/2022 vorzulegen. Neben der Anschaffung von mobilen Luftfiltern fordert die GRÜNE Landtagsfraktion, dass die Schulen die notwendigen pädagogischen Freiheiten erhalten, um curriculare Vorgaben und Stundentafeln bis zu den Herbstferien auszusetzen, mehr Flexibilität in Bezug auf die Leistungserbringung einzuräumen und in den Konzepten und Förderrichtlinien von Landes- und Bundesmitteln zur Umsetzung ganzheitlicher Förderung von Kindern und Jugendlichen das Einbeziehen von Mentoringprogrammen zu ermöglichen. Den gesamten Entschließungsantrag können Sie hier finden: https://gruene-fraktion-nrw.de/parlament/frischer-wind-fuer-das-schuljahr-und-druck-rausnehmen-paedagogischen-freiraum-schaffen/ .
Nach einem Jahr der pandemischen Krise ist es an der Zeit, unsere Schulen auch für die Zukunft aufzustellen, nachhaltig zu verbessern und für mehr Bildungschancen zu sorgen. Schulen brauchen Vertrauen, Sicherheit und Unterstützung. Mit einem Förderprogramm für Schulen in benachteiligten Regionen und Quartieren möchten wir auf Bundesebene einen bildungspolitischen Aufbruch einläuten, der Bildungsungerechtigkeit und Benachteiligung bekämpft. Einige Länder haben bereits eigene, meist zeitlich befristete Programme, die mithilfe von Sozialindizes Schulen mit besonderen Herausforderungen gezielt unter die Arme greifen. Das heißt, zusätzliche Mittel werden nach Kriterien wie Kinderarmut, Familiensprache, Schulabbruchquote oder dem Anteil Alleinerziehender verteilt. Dieses Prinzip wollen wir auf ein breiteres Fundament stellen und bundesweit ausrollen.
Damit die Corona-Krise nicht auch zur Bildungs-Krise wird, muss jetzt dringend und tatkräftig umgesteuert werden. Wir brauchen einen Gerechtigkeits-Boost in unseren Klassenzimmern. Dieser gelingt, wenn alle föderalen Ebenen für beste Bildung zusammenstehen und Bildungschancen garantieren. Ein Weiter-so darf es nicht geben.
Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Lehmann MdB