Frage an Sven Giegold von Christiane S. bezüglich Gesundheit
Was ist der Grund / die Gründe, daß viele Mitglieder Ihrer Fraktion über den "Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie zur Qualität unseres Trinkwassers" mit Enthaltung abgestimmt haben? (...)
Sehr geehrte Frau S.,
Leitungswasser ist umweltfreundlich und gesund. Überall in Europa müssen Bürgerinnen und Bürger der Qualität des Trinkwassers vertrauen können. Mit der Überarbeitung der europäischen Trinkwasserrichtlinie reagierte die EU-Kommission ausdrücklich auf die Forderungen von über 1,3 Millionen Europäerinnen und Europäer in der ersten Europäischen Bürgerinitiative (EBI) in 2014. Darin wurden die Grenzwerte für Schadstoffe überarbeitet. Gleichzeitig machte die EU-Kommission Vorschläge, um den Zugang zu Trinkwasser für alle zu verbessern. Das war ein später Sieg für die Europäische Bürgerinitiative, denn erstmals fördert die EU den offenen Zugang zu sauberem Trinkwasser für Alle in Europa. Schon direkt nach dem Erfolg der Bürgerinitiative hatte die EU-Kommission ihre Pläne aufgegeben, über die EU-Konzessionsrichtlinie den Druck zu Wasserprivatisierungen zu erhöhen.
Die Richtlinie zur Qualität unseres Trinkwassers war trotzdem Gegenstand heftiger Debatten im Europaparlament. Das Europäische Parlament hat am 23. Oktober 2018, die Trinkwasserrichtlinie schließlich verabschiedet. Unsere Fraktion hat sich bei der Schlussabstimmung der Stimme enthalten. Wir befürworteten selbstverständlich das allgemeine Ziel, einen besseren Zugang zu ermöglichen. Andererseits waren Maßnahmen zur Identifizierung derjenigen, die Wasser benötigen, und zur Verbesserung ihres Zugangs jedoch nicht an Bedingungen geknüpft. Unser Anspruch an sauberes Wasser muss jedoch viel höher sein! Alle Mitgliedsstaaten sollten verpflichtet sein, die Nutzung von Leitungswasser zu fördern. Das bedeutet auch weniger Plastikmüll.
Deshalb haben wir als Grünen/EFA Fraktion einen offenen Brief veröffentlicht, in einer gemeinsamen Initiative mit den Fraktionen S&D, GUE und EFDD. Ziel des Briefes war es, vor der Abstimmung im Plenum auf wesentliche Verbesserungen des Textes hinzuwirken. Die Tatsache, dass sich 274 Abgeordnete bei dieser Abstimmung der Stimme enthalten haben, zeigt, dass da noch viel Luft für Verbesserungen nach oben war.
Die konservativen und liberalen Fraktionen im EP haben hingegen Änderungsanträge eingebracht, die die fortschreitenden Änderungen der Trinkwasserrichtlinie verwässert haben anstatt die Verbraucher*innen besser zu informieren und die Anforderungen an die Wasserversorgungsunternehmen zu erhöhen. Dies betraf auch die Transparenz der Maßnahmen, der langfristigen Aufrechterhaltung der Infrastruktur und dem Verbot von Wasser-Abstellungen.