Frage an Sven Giegold von Stefan K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Giegold,
ich habe heute in der TAZ Ihr Interview zu FinanceWatch gelesen. Dabei ist mir wieder einmal, und zwar nicht nur von Ihnen, folgende Bemerkung aufgefallen: "Das wollen vor allem auch deutsche Banken verhindern und setzen uns Abgeordnete entsprechend unter Druck". Im Kontext des Artikels ist mir schon klar, dass Sie hier den Mangel an Gegenargumente meinen. Aber ich möchte Sie ganz generell fragen, stellvertretend für viele Verantwortliche in der Politik, wie denn ein Finanzunternehmen oder irgendeine andere Lobbyorganisation (im weitesten Sinne die Kapitalinteressen vertretend) Druck ausüben kann?
Wenn man an bestimmte Argumente zweifelt, so muss man Informationen von anderen Quellen besorgen und ggf. um Zeit bitten. Sollte dies nicht immer möglich sein, so muss man, als Leitfaden gewissermaßen und sofern noch Zweifel bestehen, auf demokratische Gepflogenheiten und ein gesundes, moralisches Empfinden zurückgreifen und sich eben eines Urteils vorerst enthalten.
mfG
Sehr geehrter Herr Kreft,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben völlig recht, wenn es begründete Zweifel an den Argumenten einer Seite gibt (beispielsweise weil diese Seite vornehmlich ihre eigenen ökonomischen Interessen im Blick hat und weniger das Allgemeinwohl), sollte man sich für die Argumente der anderen Seite interessieren und sie ebenfalls berücksichtigen. Aber genau das, eine unabhängig, der Finanzindustrie kritisch eingestellte Gegenlobby, gab es bisher nicht. Genau darum ist Finance Watch gegründet worden, um der bisher allein vorherrschende Dominanz der Finanzlobby ein Gegengewicht zu schaffen und den Abgeordneten und anderen PolitikerInnen tatsächlich unabhängige Expertise zur Verfügung zu stellen.
Sie schreiben: "Sollte [eine fundierte Meinungsbildung] nicht [...] möglich sein, so muss man, als Leitfaden gewissermaßen und sofern noch Zweifel bestehen, auf demokratische Gepflogenheiten und ein gesundes, moralisches Empfinden zurückgreifen und sich eben eines Urteils vorerst enthalten." - Genau das ist aber keine Option. Wir brauchen dringend jetzt unabhängige Expertise, um die Finanzmärkte vernünftig, gerecht und nachhaltig regulieren zu können. Das kann nicht warten.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Giegold
PS: Abgeordnetenwatch öffnet sein gutes und hilfreiches Forum leider auch für Abgeordnete und Kandidierende von rechtsextremen Parteien wie z. B. der NPD. Mir gefällt es nicht, in einem Forum mit solchen anti-DemokratInnen genannt zu werden. Ich fordere Abgeordnetenwatch auf, Rechtsextremen und Rechtsradikalen auf seinen Seiten kein Forum zu bieten.