Frage an Sven-Christian Kindler von Irmgard R. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kindler,
ich finde es unpassend, daß im Verfahren gegen Herrn W. viele Aspekte keine Rolle spielten. Meines Erachtens wird
völlig ausgeblendet, daß er schon als Niedersachsens MP über die
Wichtigkeit von Netzwerken sprach. Das sah man in einem ARD-Beitrag z.B. in folgenden zwei ARD-Sendungen:
http://www.youtube.com/watch?v=EsdrrJBH1c8
http://www.youtube.com/watch?v=7UNxu3ebhlk
Warum kümmert sich Ihre Partei nicht lieber um die Verteidigung von Menschen, die
aus purer Not kriminell gehandelt haben?
Kleinkriminelle werden oft hart bestraft, selbst wenn sie aus purer Not gehandelt haben, z.B. um ihren Kindern etwas zu ermöglichen und selbst dann, wenn der Staat ihnen z.B. ledigliche Unterstützung verweigerte. Bei Hartz IV-Beziehern unter 25 Jahren geht das z.B. besonders schnell.
Oder zu Unrecht Inhaftierte, die oft lange auf die Wiedergutmachung des Staats warten mußten und wohl weiterhin warten müßen.
Dagegen ist doch Herr W. wirklich weich gefallen, oder nicht?
Ich kann Sätze über Herrn W. wie z.B. " Er hat alles verloren", nicht mehr hören. Materiell lebt er sehr, sehr priviligiert auf Kosten der kleinen Malocher!
Ich sehe vielmehr eine typische Klassenjustiz, wenn man Menschen die Geldstrafen nicht bezahlen können einsperrt, andere aber mit einem Ehrensold für ihr unehrenhaftes Verhalten belohnt.
Ist es nicht geradezu gnädig, wenn jemand mit einem so hohen "Ehren"sold gerade einmal 20.000 Euro hätte zahlen müßen, um dem Prozess zu entkommen?
Herr W. führte in Niedersachsen eine Regierung an, die m.W. einen Justizminister und einen Innenminister in ihren Reihen hatte, die für ihre harte Haltung bekannt waren, z.B. bei Wiedergutmachungen für Justizopfer.
Warum greift Ihre Partei das m.E. kaum auf? Aus Respekt gegenüber jemanden der sich respektlos verhalten hat?
Mit freundlichen Grüßen
Irmgard Resch
Sehr geehrte Frau Resch,
vielen Dank für Ihre Frage zum Prozess gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff.
Wir Grüne haben uns seinerzeit im niedersächsischen Landtag für eine rasche und umfassende Aufklärung der Vorwürfe gegen Christian Wulff eingesetzt. Außerdem haben wir ein Maßnahmenpaket gefordert, das konkrete Konsequenzen aus der Causa Wulff ziehen soll (siehe: http://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/presse/pressemitteilungen/meldung/artikel/massnahmenpaket-der-gruenen-fuer-erste-konsequenzen-aus-der-affaere-wulff.html ).
Der Prozessauftakt gegen Christian Wulff hat die Diskussion um sein Verhalten als niedersächsischer Ministerpräsident nochmals aufleben lassen. Für uns Grüne stand und steht die umfassende Klärung der Anklagepunkte im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens im Vordergrund. In allen Anklagen - gegen Christian Wulff ebenso wie gegen David Groenewold - muss nach rechtsstaatlichen Prinzipien geklärt werden, ob sie sich der Vorteilsnahme bzw. der Vorteilsgewährung schuldig gemacht haben. Dazu haben wir vollstes Vertrauen in das zuständige Landgericht Hannover.
Jenseits dessen müssen aus dem Fall Wulff aber auch Konsequenzen gezogen werden, um ähnliches in Zukunft zu verhindern. Die grüne Landtagsfraktion hat dafür im März vergangenen Jahres klare Vorgaben in einem Antrag erarbeitet ( http://www.fraktion.gruene-niedersachsen.de/presse/pressemitteilungen/meldung/artikel/antrag-konsequenzen-aus-affaeren-um-sponsoring-von-geld-und-dienstleistungen-ziehen.html ) und sich deutlich für mehr Transparenz und die Begrenzung des Sponsorings von Parteien ausgesprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Sven-Christian Kindler