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Sven-Christian Kindler
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Marco B. •

Frage an Sven-Christian Kindler von Marco B. bezüglich Umwelt

Hallo Herr Kindler,

die jetzige Aussage ihrer Vorsitzenden Claudia Roth " der Polizeieinsatz im Castor ist ein Anschlag auf die Demokratie" ist bestürzend. Ich glaube keine andere Polizei in Europa hätte derart gewaltätige Angriffe so souverän und verhältlnismäßig gehandhabt. Statt mit pragmatischen real-ökologischen Lösungen den Konflikt zu entschärfen, wurde er unnötig angeheizt. Das kann nicht die Position der Grünen sein?
Wo geht es also hin? Demokratie aus dem alt-griech. übersetz heisst Volk + Herrschaft. Des Volkes Willen haben wir bei der Abstimmung zu Stuttgart 21 gesehen und ich glaube innerhalb gesamt Niedersachsen ist die Meinung der Wendländer nicht mehrheitsfähig. Und wenn wir verantwortlich in der bundesweiten Entlager suche auch eine Abstimmung durchführen würden, wieviele Alternativen gibt es und wieviele Menschen würden für den Salzstock in Gorlben stimmen?
Nach der Stilllegung der AKW erfolgt der Rückbau und die Entsorgung/ Entlagerung der strahlenden Bestandteile, wo wird das sein?
Wird das Teil der Endlagersuche und wo sind solche Kapazitäten?
Stehen uns dann wieder konfliktreiche Transporte bevor?
Wann wird nach der Abschaltung der ersten AKW mit dem Rückbau und der Endlagerung begonnen?
Ich denke, diese Probleme holen uns schneller ein als die nächsten Castortransporte und sind ein wirkliches Thema für einen führenden Betriebswirt und engagierten Ökologen.

Freue mich auf ihre Antwort.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Herr Bussler,

wir Grüne sind aus der Umweltbewegung heraus entstanden und die Ablehnung der Atomkraft war und ist ein ganz zentraler Konsens unserer Partei. Ebenso sind Demonstrationen und generell eine friedliche Protestkultur ein unverzichtbarer Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft.

Unser Engagement wirkt: Die Anti-Atom-Bewegung und die Grünen haben gemeinsam eine gesellschaftliche Mehrheit gegen die Atomkraft erkämpft. Schwarz-Gelb musste unserem Druck letztlich nachgeben. Doch nur Grüne stehen für den sicheren und schnellen Ausstieg, sowie für eine transparente und ergebnisoffene Suche nach dem Endlager nach harten wissenschaftlichen Kriterien.

Wir wollen den Atomausstieg sicher und schnell besiegeln. Bei den noch laufenden Atomkraftwerken muss die Sicherheit höchste Priorität haben. Daher wollen wir die Sicherheitsanforderungen national und international erhöhen, entsprechende Nachrüstungen an den AKWs durchsetzen und so die Rahmenbedingungen ändern, dass die Betreiber das letzte AKW schon deutlich vor 2022 abschalten werden. Zum Atomausstieg gehört für uns auch, endlich eine ergebnisoffene, wissenschaftsbasierte und transparente Suche nach dem bestmöglichen Atommüll-Endlager auf der Grundlage des neuen Standortauswahlgesetzes anzugehen.

Insgesamt 28.000 Kubikmeter hochradioaktiver Müll werden bis zur endgültigen Vollendung des Ausstiegs in Deutschland angefallen sein. Für sie muss das bestmögliche Endlager gesucht werden. Der atomare Irrweg hat uns einen Berg des gefährlichsten Abfalls gebracht, den die Welt kennt: Atommüll. Es ist die Aufgabe unserer Generation, dafür zu sorgen, dass die Risiken minimiert und das bestmögliche Endlager gefunden wird. 50 Jahre nach dem Einstieg in die Atomenergie wird nun endlich in ganz Deutschland ergebnisoffen nach dem sichersten Lager auf der Basis wissenschaftlicher Kriterien, transparent und demokratisch legitimiert gesucht werden. Damit ist es gelungen, die jahrzehntelange einseitige Fixierung von Union und FDP auf den Standort Gorleben zu überwinden. Darüber hinaus gilt es jetzt zügig den Rückbau der Atomanlagen anzugehen. Dabei ist das Ziel einer "grünen Wiese" anzustreben, also der komplette Abriss aller Bauten und Fundamente. Den "sicheren Einschluss", bei dem die inneren Reaktorteile versiegelt werden, sehen wir kritisch. Es bedarf für den Rückbau strenger Sicherheitskriterien, ein planmäßiges Vorgehen der Unternehmen und der Atomaufsicht. Durch den Rückbau der Atomanlagen und die Betriebsabfälle fallen innerhalb der nächsten Jahrzehnte etwa 300.000 Kubikmeter mittel- und schwachradioaktiven Mülls an. Die Finanzierung für Rückbau und Endlagerung muss von den AKW-Betreibern gesichert werden. Wir brauchen jetzt Transparenz und bereits in den kommenden Jahren ausreichend verfügbare Gelder. Wir wollen deshalb die Rückstellungen der Konzerne in einen staatlichen Fonds überführen.

Mit freundlichen Grüßen
Sven-Christian Kindler

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