Frage an Sven-Christian Kindler von Rüdiger B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Kindler.
ich bin Akademiker, Reserve-Offizier der Bundeswehr und Familienvater. Und IPSC-Sportschütze.
Ihre Fraktion hat am 16.06.2010 einen Antrag an die Bundesregierung gestellt, der unter anderem fordert, dass Großkaliber-Kurzwaffen für den privaten Besitz und die private Nutzung verboten werden und die Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWAffV) zu ergänzen und für halbautomatische Waffen künftig keine Genehmigungen mehr zu erteilen ist.
Die Motivation für diesen Antrag ist das Verringern der Chance auf Amokläufe a la Winnenden.
Ich empfinde es als beschämend, dass wir Sportschützen aus Sicht Ihrer Fraktion offensichtlich potentielle Amokläufer darstellen. Im IPSC wird auf Pappscheiben und kreisrunde Stahlziele geschossen, gewertet werden Präzision und Schnelligkeit - die Waffe ist für uns ein Sportgerät. Ich kann nur empfehlen, dass Sie sich zur Meinungsbildung einmal einen IPSC-Landeswettkampf ansehen.
Der Wikipedia-Artikel zu "Waffenmissbrauch" ist bezeichnend, die Medien zeichnen (oft gestützt von der Politik) nach Horror-Taten wie Winnenden ein verzerrtes Bild. In England, wo es keine "erlaubten" Waffen in Privatbesitz mehr gibt, werden Gewalttaten nach wie vor mit "illegalen" Schusswaffen oder mit legalen Stich- und Hiebwaffen ausgeführt.
Es ist die Gesellschaft, die definiert, wie gewalttätig sie ist, nicht die Anzahl der Waffen.
Horrorfilme wie die SAW-Reihe sind gesellschaftlich akzeptiert und dürfen öffentlich gezeigt werden. Niemand fragt Kinobesucher nach einem psychologischen Gutachten beim Kauf einer Eintrittskarte. Vladimir Klitschko schlägt seinen Gegner "intensivstationsreif" und das öffentliche Fernsehen überträgt dieses Massaker zur Prime Time. In meinem Verständnis unseres Rechtsstaates passt da doch etwas nicht zusammen.
Deshalb meine Frage: Welche Einschränkungen des Waffengesetzes sind zu erwarten, wenn Sie (Bündnis 90 / Die Grünen) im Jahr 2013 eine Regierungsbeteiligung erlangen sollten?
MfG, Rüdiger Britzen
Sehr geehrter Herr Britzen,
wir Grüne werden weiterhin unsere Reformvorschläge verfolgen, die Sicherheit beim privaten Waffenbesitz zu erhöhen. Es geht uns - was ja immer wieder als Vorwurf zu hören ist - keineswegs darum, Waffenbesitzer_innen zu schikanieren. Ebenso hegen wir auch kein grundsätzliches Misstrauen gegen jeden bzw. jede, der bzw. die eine Waffe besitzt. Es ist aber unbestreitbar, dass wenn eine Schusswaffe missbraucht wird, die Gefahr und der Schaden für die Allgemeinheit besonders bitter, traurig und nicht wieder gut zu machen sind. Deswegen wollen wir mit dem nationalen Waffenregister verhindern, dass legale Waffen zu illegalen werden oder zumindest nicht mehr korrekt zugeordnet werden können. Außerdem streben wir an, die räumlich getrennte Lagerung von Waffen und Munition vorzuschreiben. Wenn keine schussbereite Waffe mit Munition mehr im Haus ist, kann sie auch nicht missbraucht werden. Waffen oder Munition könnten beispielsweise bei den Schützenvereinen gelagert werden - das ist nicht ganz einfach umzusetzen, aber wir wollen eine Lösung, die ein Zuwachs an Sicherheit bringt, ohne den Schießsport gravierend einzuschränken. Bei großkalibrigen Faustfeuerwaffen halten wir das Gefahrenpotential für so groß und die sportliche Rolle für hinreichend klein, dass für uns ein Verbot unbedingt geboten erscheint.
Aus meiner Sicht sind klare Regeln beim privaten Waffenbesitz angesichts regelmäßig wiederkehrender Tragödien vollkommen angemessen und legitim.
Mit freundlichen Grüßen
Sven-Christian Kindler