Frage an Stephan Brandner von Hans-Joachim K. bezüglich Recht
Guten Tag Herr Brandner,
im Zusammenhang mit dem dieser Tage ergangenen sog. GEZ-Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe ich an Sie als Rechtsexperte der AfD-Fraktion folgende Frage:
wie beurteilen Sie die in den Medien kaum erwähnte Tatsache, dass das GEZ-Gesetz im wesentlichen auf einem Gutachten des Professors Paul Kirchhof beruht und dass es sich bei diesem um den Bruder des Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof handelt, unter dessen Vorsitz das Urteil gefällt wurde?
Teilen Sie meine Auffassung, dass dieser Umstand bei Herrn F. Kirchhof die Besorgnis der Befangenheit begründet hätte (selbst wenn die Urteilsbegründung nicht weitgehend mit dem Gutachten übereinstimmen würde) und dass der Vorsitzende Richter sich -eigentlich - selbst für befangen erklären hätte müssen?
Wird die AfD diese Frage in geeigneter Form aufgreifen?
Mit freundlichen Grüssen
Hans-J. Kuhnle
Sehr geehrter Herr Dr. Kuhnle,
vielen Dank für Ihre Frage. Als AfD-Fraktion bedauern wir das Urteil zutiefst. Nichtsdestotrotz werden wir uns nicht von unserem Ziel abbringen lassen, wirksam gegen die Rundfunkgebühren vorzugehen. Sobald die AfD in einer Landesregierung vertreten ist, werden wir auf die Kündigung des Rundfunkstaatsvertrages hinwirken und damit entscheidende Veränderungen herbeiführen.
Die von Ihnen angesprochenen familiären Verwicklungen haben uns zutiefst schockiert. Dass sich Urteilsbegründung und Gutachten in Teilen stark ähneln, wie von der Presse bereits dargestellt wurde, ist vermutlich kein Zufall.
Den Ausschluss von Ferdinand Kirchhof von der Ausübung seines Richteramts nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) wegen Verwandtschaft mit einem an der Sache Beteiligten lehnte der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit der Begründung ab, dass sein Bruder Paul Kirchhof wegen seines Gutachtens noch nicht am Verfahren beteiligt sei.
Auch die Ablehnungsgesuche wegen Befangenheit gegen Richter Ferdinand Kirchof erklärt der Senat für unbegründet. Um einen Richter nach § 19 BVerfGG abzulehnen, müsse ein Grund vorliegen, der geeignet sei, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Maßstab dafür ist nicht etwa, ob der Richter auch tatsächlich parteilich oder befangen ist, sondern ob ein am Verfahren Beteiligter vernünftigerweise an der Unvoreingenommenheit des Richter zweifeln könnte.
Der Senat stellt weiter auf die Vorschriften des § 18 Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG ab. Sie regeln, wann ein Richter gerade nicht vom Verfahren ausgeschlossen werden soll. So gilt ein Richter als ausdrücklich nicht am Verfahren beteiligt, wenn er etwa wegen seines Familienstandes, seiner Abstammung oder ähnlicher allgemeiner Gesichtspunkte am Ausgang des Verfahrens interessiert ist. Ein solches Interesse wurde allerdings verneint.
Dass Paul Kirchhof ein Gutachten erstellte und damit nach der Argumentation der beiden Beschwerdeführer eine "besondere Gewähr" für die Ausgestaltung des aktuellen Rundfunkbeitrags übernommen habe, sei für die Besorgnis der Befangenheit gegenüber Ferdinand Kirchhof für sich genommen unerheblich. Allein die Verwandtschaft begründet damit nach der Entscheidung des Gerichts keine Besorgnis der Befangenheit.
Auch wenn wir die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts nicht teilen, so sollten wir sie als Politiker nicht bewerten. Unsere Mittel, unhaltbare politische Zustände zu verändern werden und müssen politischer Natur sein.
Beste Grüße
Stephan Brandner