Portrait von Steffen-Claudio Lemme
Steffen-Claudio Lemme
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Steffen-Claudio Lemme zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Andreas G. •

Frage an Steffen-Claudio Lemme von Andreas G.

Sehr geehrter Herr Lemme,

wie werden Sie in der Abstimmung heute, 17.07.15 "Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland" abstimmen? Ich würde mir ein Nein dazu wünschen.

Portrait von Steffen-Claudio Lemme
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Gebhardt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Abstimmung vergangenen Freitag über die Aufnahme von Verhandlungen für ein drittes Hilfsprogramm für Griechenland. Ich möchte Ihnen gerne wie folgt antworten:

Ich habe bei der Abstimmung mit "ja" gestimmt. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Nach sorgsamer Abwägung der Vor- und Nachteile bin ich jedoch davon überzeugt, dass die Grundsatzentscheidung für ein neues Programm richtig ist. Es ist die bessere Lösung für Griechenland, für Europa und Deutschland. Die Alternativen wären wesentlich schlechter.

Die Alternative zu einer weiteren Chance für Griechenland wäre nämlich ein umgehender Staatsbankrott Griechenlands und ein ungeordnetes Ausscheiden aus der Eurozone. Diese Alternative birgt aus meiner Sicht die deutlich größeren Gefahren. Die Folgen in Griechenland wären verheerend: das Bankensystem würde zusammenbrechen, die medizinische Versorgung wäre nicht mehr gewährleistet, noch mehr Arbeitsplätze würden vernichtet, viele Griechinnen und Griechen würden in Armut absinken und müssten dann humanitäre Hilfe aus EU-Mitteln erhalten.

Es war insbesondere die humanitäre Situation der Menschen in Griechenland, die mir sehr zu denken gegeben und mich letztlich zu meiner Entscheidung gebracht hat. Sollte es einen "Grexit" geben, sind meines Erachtens die Folgen für die einfachen Bürgerinnen und Bürger in Griechenland verheerend. Durch die Abwertung der "neuen Drachme" würden kleine Sparguthaben von Menschen, die ihr Vermögen nicht außerhalb Griechenlands angelegt haben, massiv entwertet. Dies könnte zu schweren Verwerfungen innerhalb der griechischen Gesellschaft führen.

Die Position der SPD war immer, dass Solidarität in Europa keine Einbahnstraße sein kann. Als Basis für weitere Hilfen müssen deshalb konkrete Reformen in Griechenland nicht nur zugesagt, sondern auch angeschoben und beschlossen werden. Wichtig ist vor allem der Aufbau einer funktionierenden Finanzverwaltung, eines Katasteramtes, die konsequente Verfolgung von Steuersündern und Korruption sowie der Aufbau der Wirtschaft vor Ort.
Hier ist in den letzten Monaten viel Vertrauen zerstört worden, das nun Schritt für Schritt wieder aufgebaut werden muss. Die griechische Regierung muss die Glaubwürdigkeit der Reformzusagen nachweisen.

Die Zustimmung zu einem weiteren Programm wäre kein leichter Schritt angesichts der Milliardenbeträge, die hier erneut in Form von Krediten bereitgestellt werden müssen. Aber würden wir diesen Schritt jetzt nicht gehen, wären die Kredite, die wir in den letzten Jahren gegeben haben, auf einen Schlag verloren. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass mit den Reformauflagen harte Einschnitte für die Bürgerinnen und Bürger Griechenlands verbunden sein werden. Es gebieten nicht nur die politische Vernunft und die europäische Solidarität, der Gipfel-Einigung eine Chance zu geben, sondern auch das wirtschaftliche Eigeninteresse Deutschlands. Wenn Griechenland durch eine konsequente Umsetzung der vorgeschlagenen Reformen auf einen Wachstumskurs einschwenkt und das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen kann, kann es auch seine Schulden eines Tages zurückzahlen. Ein Programm, das die Zahlungsfähigkeit Griechenlands sichert und die Basis für eine wirtschaftliche Erholung legt, ist für alle Beteiligten der bessere Weg.

Mit freundlichen Grüßen
Steffen-Claudio Lemme, MdB