Frage an Steffen-Claudio Lemme von Wenzel K. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Lemme,
wie gedenken Sie, mit der aktuellen Wehrpflicht weiter zu verfahren? Begrüßen Sie öffentliche Appelle von Bundeswehrsoldaten oder einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren?
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Kiehne,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zuerst möchte ich auf Ihre Frage zur Zukunft der Wehrpflicht eingehen. Ich bin der Auffassung, dass an der Wehrpflicht in der bisherigen Form nicht weiter festgehalten werden sollte, da sie nicht mehr zeitgemäß ist. Dem Grundsatz der Wehrgerechtigkeit wird insofern nicht mehr Rechnung getragen, da nur noch jeder Fünfte tauglich Gemusterte auch tatsächlich zum Bund muss. Da sehe ich ein Akzeptanzproblem. Und wenn Verteidigungsminister Jung fordert, einfach mehr Wehrpflichtige einzuberufen, dann geht das in meinen Augen an der Realität vorbei. Denn die Bundeswehr braucht weniger Soldaten als früher – eigenen Angaben zufolge pro Jahr 55.000 Wehrpflichtige. Die Jahrgangsstärke liegt derzeit bei ungefähr 400.000 jungen Männern. Mehr junge Männer sollen zum Wehrdienst obwohl die Truppe sie nicht braucht. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass die derzeitige Rekrutierungspraxis, den veränderten Gegebenheit des heutigen Ausbildungs- und Berufslebens nicht entspricht.
Ich setze mich für eine Modernisierung der Bundeswehr ein. Das Modell der SPD behält alle Elemente der allgemeinen Wehrpflicht bei, beschränkt sich bei der Einberufung auf diejenigen, die auf Befragen erklären, dass sie ihren Dienst auch leisten wollen. Diese Frage ist neu und sie betont den Aspekt der Freiwilligkeit. Der Grundwehrdienst soll einer von mehreren freiwilligen Diensten (z.B. Zivildienst, Freiwilliges Soziales Jahr) sein, die junge Menschen für die Gesellschaft erbringen können. Das Problem dass sich möglicherweise nicht genügend junge Menschen freiwillig zur Wehrpflicht melden, sehe ich nicht. Eine Stärkung der Anreizstrukturen, wie z.B. einem Bonus beim Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen, Bafög-Vergünstigungen und eine Attraktivitätssteigerung des Grundwehrdienstes durch einen höheren Wehrsold sind denkbare Ansätze.
Die Möglichkeiten zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren sind im Grundgesetz, Artikel 35, abschließend geregelt. Jeglichen darüber hinausgehenden Einsatz von Soldaten der Bundeswehr im Inland lehne ich entschieden ab. Wenn Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung nun erneut fordert, das Grundgesetz zu ändern, um der Bundeswehr den Einsatz im Inneren zu ermöglichen, dann empfehle ich ihm einen Blick in die deutsche Geschichte. Der zeigt, dass es nicht eine positive Erfahrung aus dem bewaffneten Einsatz von Militär im Inland gibt.
Ich gehe davon aus, dass sich Ihre Frage bezüglich meiner Haltung zu öffentlichen Appellen der Bundeswehr auf das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr bezieht. Ich sehe dieses Zeremoniell skeptisch.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Lemme