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Steffen Bockhahn
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Frage von Hermann G. •

Frage an Steffen Bockhahn von Hermann G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Bockhahn,

es hat bisher keine Bundes- oder Landtagswahl in Rostock gegeben, bei der ich Ihrer Partei nicht beide Stimmen gegeben habe. Jetzt kommt es anders. Nachdem ich heute in "Berlin Direkt" Ihre Worte gegen Herrn Lafontaine gesehen habe, kommt für mich Ihre Wahl nicht mehr in Frage.

Bevor ich mich auch in meinem Rostocker Umfeld entsprechend positioniere, frage ich Sie:

1. Wie wollen Sie verhindern, dass in Europa die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, wenn Sie an der gegenwärtigen Euro-Konstruktion festhalten? Bitte konkret antworten!
2. Wie wollen Sie verhindern, dass in Europa antideutsche Stimmungen entstehen, weil wir den Rest Europas zu Tode konkurrieren? Welche wirtschafts- und finanzpolitishen Steuerungsmöglichkeiten wollen Sie nutzen, um das zu verhindern?
3. Wie bewerten Sie die Verdienste des Herrn Lafontaine für die Partei Die Linke?

Mit freundlichen Grüßen
Hermann Gerdes, Rostock

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Gerdes,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Aus meiner Sicht stellt sich die Sache so dar, dass Oskar Lafontaine einen Vorschlag unterbreitet hat, der zweifelsfrei strittig ist. Ich persönlich halte diesen Vorschlag für völlig falsch und habe das auch immer inhaltlich begründet, werde das in einer angemessen kurzen Form auch gleich noch einmal tun. In den vergangenen knapp vier Jahren bin ich als Mitglied des Haushaltsausschusses sehr intensiv mit den Fragen der Euro-Rettung und der Stabilitätsprogramme befasst gewesen. Ich kann mir da schon ein Urteil erlauben.

Ohne Zweifel sind die Spardiktate, die derzeit gegen die Länder in Südeuropa ausgesprochen werden das Gegenteil von Hilfe. Derzeit werden nur Armut und Deindustrialisierung voran getrieben. Deutschland vergrößert auf sehr kurzsichtige Weise seinen Vorsprung gegenüber den betroffenen Ländern.
Das System der festen Wechselkurse, das dem Euro voraus ging, war enorm instabil. Nahezu wöchentlich mussten die Notenbanken der beteiligten Staaten Rettungsaktionen starten, da Spekulanten die Währungen einzelner Länder angegriffen haben. Das waren klassische Devisenspekulationen, die mit der Einführung des Euro in den beteiligten Ländern so schlicht nicht mehr existieren. Die Stabilität der Gemeinschaftswährung ist deutlich größer, was gerade auch für die kleinen Leute gut ist. Denn die Stützungsaktionen früher haben auch oft dazu geführt, dass die Inflation vorangetrieben wurde, weil künstlich neues Geld gedruckt wurde. Das bedeutet Inflation und die widerum vernichtet zuerst das kleine Vermögen der kleinen Leute.
Im Euroraum brauchen wir einheitliche Standards im Bereich der sozialen Vor- und Fürsorge. Wir brauchen eine gemeinsame Steuerpolitik und damit vor allem eine gemeinsame Besteuerung der großen Privat- und Konzernvermögen. Das war immer schon die Position unserer Partei und so ist es auch im Wahlprogrammentwurf der LINKEN vorgeschlagen.

Eine Rückkehr zu nationalstaatlichen Währungen würde zu einer sofortigen dramatischen Abwertung der Währungen insbesondere in Griechenland, Italien, Portugal, Spanien und sicher auch Frankreich führen. Der Grund dafür ist die niedrigere Wirtschaftsleistung. Die Menschen dort würden aber sicher nicht derartige Lohnsteigerungen bekommen, dass diese Inflation ausgeglichen wäre. Die Verelendung der Menschen würde dadurch nur beschleunigt, nichts anderes.

Wichtig wären Beiträge der Bundesrepublik, die den schwächeren Ländern tatsächlich helfen. Das können Kredite zum "Selbstkostenpreis" statt zu Marktpreisen sein. Geld gibt es derzeit für 0,5%, aber es wird den geschwächten Staaten für ein Vielfaches angeboten. So wird Deutschland noch zum Profiteur der Krise, besser gesagt die deutschen Banken, die die Kredite gewähren.
Aus meiner Sicht ist es auch Zeit dafür, dass deutsches Kapital, das in den jeweiligen Ländern angelegt wurde (nicht in Sachwerten, nur Barvermögen) ebenso zur Tilgung der Verbindlichkeiten herangezogen werden muss, wie die großen Barvermögen der Einheimischen.

Zu Herrn Lafontaine: Ich habe ihn als einen großen Taktiker und Strategen gelobt. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Ohne ihn würde es DIE LINKE sicher nicht geben. Ohne ca. 70.000 weitere Frauen und Männer, die Mitglieder der Partei sind, aber auch nicht. Alle haben ihre Rolle und Oskar Lafontaine hat seine meistens sehr gut eingenommen. Aber niemand ist frei von Fehlern und in einer solidarischen Umgebung spricht man dann auch darüber.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Bockhahn