Frage an Stefan Zackenfels von eleonore j. bezüglich Bildung und Erziehung
Lieber Herr Zackenfels,
viele Eltern schicken ihre Kinder in freie Schulen, die durch Elternbeiträge und über staatliche Zuschüsse finanziert werden. Allerdings werden die staatlichen Zuschüsse pro Kind nur auf die Personalkosten berechnet und decken diese nicht vollständig. Die Einbeziehung der Sachkosten für die Materialien und die Schulgebäude fehlt gänzlich, so daß die Finanzierung der Schulen auf geringeren Lehrergehältern und Beiträge von Eltern basiert. Wie stehen Sie zu der ungleichen Finanzierung von Schulen in freier und staatlicher Trägerschaft?
Sehr geehrte Frau Jungheim,
die Beantwortung hat gedauert. Aus zwei Gründen. Zum einen, weil ich mich überhaupt mal wieder in die Materie einlesen mußte. Ich bin kein Bildungspolitiker. Zum anderen, weil ich selbst viel Sympathie für Privatschulen habe. Das staatliche System ist dringend reformbedürftig. Eingeengt zwischen einer überalterten Lehrerschaft, chronisch Kranken, rigiden Einzugsgebieten, mangelnder Flexibilität der verbeamteten Kräfte bedarf es m.E. mehr als eines "Rucks", um die Sache wieder in Fahrt zu bringen. Die wachsende Nachfrage nach privaten Alternativen spricht Bände. Und so kann es sein, daß gerade die, die am lautesten das bestehende staatliche System verteidigen und im Kern alle Probleme auf finanzielle Art lösen wollen (Mehr Lehrer, bessere Bezahlung, mehr Sozialarbeiter an den Schulen etc) die Totengräber des öffentlichen Schulsystems sind, weil die Abstimmung mit Füßen schon längst zu Ungunsten der öffentlichen Schule, zumindest in Kreuzberg begonnen hat. Ich stand 2002, als die Kürzung von 97% auf 93% Thema war, mit Dr. Hardorp in intensivem Kontakt. Ich habe auch entdeckt, daß Privatschulen an sich manchem Parlamentarier auf Bezirks- oder Landesebene zutiefst supekt sind. Ich habe seinerzeit als Hinterbänkler beschlossen, indirekt zu helfen: Bei der Freien Waldorfschule Kreuzberg z.B. war dies im Rahmen des Verfahren zur Bauerweiterung, wo ich Einiges mitbeeinflußt habe, um Blokaden auf Bezirks- und Landeseben zu lösen. Bleibt das Kernproblem der strukturellen Unterfinanzierung der freien Schulen. Aus Artikel 7 des GG leitet sich kein Subventionsanspruch ab. Allerdings gibt es die Pflicht, das private Ersatzschulwesen neben dem öffentlichen zu fördern und in seinem Bestand zu schützen. Dies tut das Land Berlin. Und zumindest sieht es das Berliner Verwaltungsgericht in erster Instanz ja auch so. Grundsätzlich, denke ich stellen auch Sie das nicht in Abrede. Aus Ihrer Sicht sicherlich nicht genug (Sachkosten, Gebäude etc.). Und bitter ist, daß gerade Familien mit wenig Geld, die aber ihren Kindern etwas Gutes mitgeben wollen unter den entsprechend hohen Elterngeldbeiträgen leiden. Letztendlich bleibt aber festzustellen: gelänge es uns, den Fixkostenblock staatlicher Schulen zu reduzieren, bliebe auch mehr Geld für anderes. In anderen Worten: ja ich verstehe ihr Ungerechtigkeitsempfinden, aber: 1. das grundlegende System ist nach wie vor die staatliche Schule. Das wollten auch die Verfassungsväter so. 2. wir stecken unendlich viel Geld in das staatliche System, mit einem wie Thilo Sarrazin sagt, unbefriedigendem "Output". Wäre dieses effizienter, hätten wir auch mehr Geld.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Zackenfels