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Frage von Jörg K. •

Frage an Stefan Zackenfels von Jörg K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Zackenfels,

Pressemeldungen (vgl. „Das ist der Einstieg in ein Zwei-Klassen-Sozialrecht“ in: junge welt, 12. 7. 2006, S. 8) zufolge planen Bund und Länder Gebühren für Sozialgerichtsverfahren einzuführen. Betroffene sollen zukünftig eine Grundgebühr von 75 € vor Einleitung eines Verfahrens zahlen. Ist ihnen dies nicht möglich, können sie zwar Prozesskostenhilfe beantragen, müssen diese jedoch mit 50 € kofinanzieren.
Die Folge wäre, dass insbesondere Erwerbslose zunächst einmal tief in die Tasche greifen müssten, ehe sie die Möglichkeit hätten sich gerichtlich gegen fehlerhafte Alg II-Bescheide oder fragwürdige Leistungskürzungen zu wehren. Denjenigen, für die die Sozialgerichtsbarkeit eingeführt wurde, nämlich für die materiell schlechter gestellten Bürger und Bürgerinnen, soll anscheinend die Möglichkeit versperrt werden, gegen Entscheidungen der Verwaltung zu klagen.
Was halten Sie von diesen Plänen? Halten Sie es für legitim und mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar, der Überlastung der Sozialgerichte damit zu begegnen, Erwerbslose durch hohe Kosten abzuschrecken?

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Klitscher

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Klitscher,

die kurze Antwort: Ich halte nichts davon. Sozialgerichtsverfahren sind ja häufig ein Stück weit der Kampf eines kleinen "David" gegen den Goliath der allmächtigen Sozialverwaltungsbürokratie. Ich fände es geradezu zynisch, wenn man beispielsweise Erwerbslosen mögliche Unterstützungszahlungen beschneidet und sie dafür auch noch zur Kasse bittet, wenn sie ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen müssen. Ich habe mir erlaubt, diese mir bisher nicht bekannten Überlegungen in einem Schreiben an die Justizsenatorin ebenfalls zu kritisieren und die Position der Berliner Exekutive zu erfragen. Sie schreiben ja, es seien Pläne von "Bund und Ländern"... Ich werde Sie dann gern über diese Kolumne auf dem laufenden halten.
Herzlichen Dank für Ihren Hinweis.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Zackenfels

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Klitscher,

ich bin Ihnen noch den Nachtrag schuldig, über das Verhalten der von mir mitgetragenen Berliner Regierung bei dieser Frage: Es stimmt tatsächlich, dass insbesondere Baden-Württemberg und andere Länder immer wieder versuchen, Gerichtsgebühren in der Sozialgerichtsbarkeit einzuführen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist vom Bundesrat in der letzten Legislaturperiode gegen die Stimme Berlins verabschiedet und dem Bundestag zugeleitet worden. Dieser hat ihn nicht verabschiedet, er ist der Diskontinuität unterfallen. Deshalb hat Baden-Württemberg den Antrag in diesem Frühjahr wiederholt. Gegen die Stimme Berlins hat er im Bundesrat eine Mehrheit gefunden. Die Bundesregierung hat sich sehr skeptisch geäußert, und jetzt liegt die Sache wieder im Bundestag. Das weitere Schicksal ist jedoch völlig ungewiss. Sie sehen mich also positiv erleichtert, was das Verhalten des Hauses Justiz in Berlin betrifft ! Ein Schreiben meinerseits an die Bundestagsabgeordneten Berlins, das die Sensibilität für diesen Sachverhalt wecken soll, ist in Arbeit. Mehr kann ich im Moment nicht tun.

Mit freundlichem Gruß
Stefan Zackenfels