Portrait von Stefan Seidler
Stefan Seidler
SSW
96 %
52 / 54 Fragen beantwortet
Frage von Dominic W. •

Der BPr kann nur einmal wiedergewählt werden. Würden Sie es befürworten, dass eine ähnliche Regelung für das Amt des BK erarbeitet wird? Würden Sie eine direkte Wahl des BPr befürworten?

Hallo Herr Seidler,

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Seit längerer Zeit stelle ich mir die Frage, warum das Amt des Bundespräsidenten auf zwei Amtszeiten beschränkt ist, aber das Amt des Bundeskanzlers nicht. Auch stelle ich mir die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, den Bundespräsidenten direkt zu wählen.

Portrait von Stefan Seidler
Antwort von
SSW

Lieber Herr W.,

vielen Dank für Ihre Fragen. Sie regen zwei grundsätzliche Änderungen unseres politischen Systems an, auf die ich hier aufgrund ihrer Komplexität nur begrenzt eingehen kann.

Sie fragen zunächst, warum das Amt des Bundeskanzlers anders als das des Staatsoberhauptes nicht auf zwei Amtszeiten beschränkt ist. Eine Möglichkeit diese Inkonsistenz, auf die Sie verweisen, aufzulösen, bestünde darin, die Amtszeiten des Bundespräsidenten ebenfalls nicht zu limitieren. Mir scheint jedoch, dass dies nicht die Intention Ihrer Frage ist.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Dauer der Amtszeit des Bundeskanzlers derzeit dem politischen Wettbewerb unterliegt. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger haben es über allgemeine, freie und gleiche Wahlen in Hand zu entscheiden, wie lang eine Kanzlerin oder ein Kanzler regiert. Eine Festlegung der Amtszeiten des Bundeskanzlers würde diese freie, demokratische Entscheidung der Wählerinnen und Wähler beschränken. Auf der anderen Seite ist politische Macht in unserer liberalen Demokratie nie grenzenlos. Unser Grundgesetz sieht über eine Reihe von Prinzipien (Gewaltenteilung, Föderalismus, etc.) in vielerlei Hinsicht gerade die Teilung und Begrenzung politischer Macht vor, um dem Missbrauch politischer Macht vorzubeugen und die Freiheit demokratischer Entscheidungen zu schützen. Wo politische Macht missbraucht wird, leidet letztlich die Demokratie. Für mich gehört die Begrenzung politischer Amtszeiten zu den Instrumenten, die geeignet sind, unsere liberale Demokratie zu schützen. Ich stehe deshalb einer Amtszeitbegrenzung grundsätzlich offen gegenüber. Ob diese Beschränkung notwendig auf zwei Amtszeiten erfolgen muss, würde ich an dieser Stelle offen lassen. Mir scheint, dass es gute Gründe gibt auch längere Regierungsperioden (etwa drei Amtszeiten) zuzulassen. Gerade bestimmte politische Ziele (zum Beispiel die Energiewende) bedürfen zum Teil langfristiger politischer Umsetzungsprozesse, die auch mit dem politischen Personal, welches sie betreibt, verbunden sein können.

Sie fragen außerdem ob der Bundespräsident direkt gewählt werden sollte. Es gibt immer wieder Stimmen, die argumentieren, dass eine direkte Wahl des Bundespräsidenten dessen demokratische Legitimation stärken würde. Mir ist an dieser Stelle zunächst wichtig, darauf zu verweisen, dass der Bundespräsident auch gegenwärtig über eine demokratische Legitimation verfügt. Als demokratisch gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages habe ich am 13. Februar 2022 an der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten teilgenommen. Die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung ist eine historische Lehre aus der politischen Instabilität der Weimarer Republik, die auch auf die damalige Rolle des direkt gewählten Reichspräsidenten zurückgeführt wird. Auch wenn sich unsere Demokratie seitdem weiterentwickelt und gefestigt hat, scheint mir das derzeitige Wahlverfahren für die maßgeblich repräsentativen Aufgaben unseres Staatsoberhauptes angemessen zu sein. Politische Gestaltung erfolgt im Bund über den Deutschen Bundestag und die Bundesregierung, die direkt demokratisch legitimiert sind.

Mit freundlichen Grüßen

 

Stefan Seidler

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Stefan Seidler
Stefan Seidler
SSW