Frage an Stefan Rebmann von Steffen H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Rebmann,
Sie haben bei der Frage zur Ablehnung der Schiedsgerichte bei den Freihandelsabkommen TTIP und CETA mit "Nein" gestimmt.
Dieses Thema sorgte ja aufgrund seiner enormen Reichweite, insbesondere im Hinblick auf Verbraucher- und Umweltschutz, auch innerhalb der SPD für kontroverse Diskussionen.
Wie stehen Sie zu dem Sachverhalt, und wieso haben Sie gegen die Ablehnung abgestimmt?
Mit freundlichen Grüßen,
Steffen Heuser
Sehr geehrter Herr Heuser,
der Antrag, von dem Sie sprechen, war der lächerliche Versuch der Fraktion Die Linke, den Eindruck zu erwecken, nur sie habe eine kritische Position gegenüber Verträgen wie TTIP oder CETA. Das ist meines Erachtens gründlich gescheitert. Am 25. September 2014 wurde nicht über die Abkommen abgestimmt, einziges Anliegen des Antrags der sogenannten Linkspartei war es, die Regierungsfraktionen vorzuführen. Alle Fraktionen im Deutschen Bundestag, die bereits einmal in Regierungsverantwortung gewesen sind, wissen sehr genau, dass in einer Koalition versucht wird, gemeinsame Lösungen und Kompromisse zu entwickeln. Das Vorgehen war dementsprechend höchst unüblich, eine eigene Position wurde gerade nicht entwickelt. Ein solch durchschaubares Vorgehen wollte ich nicht durch eine Zustimmung zu dem Antrag fördern. In dem Antrag wurden unter ausdrücklichem Verweis auf das gemeinsame Papier des Bundeswirtschaftsministeriums und des DGB, sowie auf den Beschluss des SPD-Konvents, Mindestanforderungen für die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit den USA benannt. Diese „Mindestanforderungen“ in dem Antrag sind identisch mit den Zielen und Anforderungen an die Verhandlungen aus dem Beschluss des SPD-Konvents vom 20. September 2014.
Den Beschluss des SPD-Parteikonvents vom 20. September 2014 zu Anforderungen an die Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen CETA und TTIP ( http://www.spd.de/presse/Pressemitteilungen/123752/20140920_beschluss_parteikonvent_ttip.html ) unterstütze ich uneingeschränkt und ich denke, die Position der SPD kann sich hier sehen lassen. Erst mit der Amtsübernahme von Sigmar Gabriel als Bundesminister für Wirtschaft und Energie wurde zu den Freihandelsabkommen ein zivilgesellschaftlicher Diskussionsprozess gestartet. So fand im Mai 2014 eine öffentliche Veranstaltung zu TTIP mit EU-Handelskommissar De Gucht, US-Chefverhandler Mike Froman, sowie Unternehmens- und NGO-Vertretern in Berlin statt. Sigmar Gabriel hat im Frühjahr 2014 zudem einen Beirat zu TTIP eingerichtet, in dem Umwelt-, Verbraucher- und Sozialverbände neben den Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaftsvertretern regelmäßig eingeladen werden. Diese Initiativen, wie auch die Debatten innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion, haben Eingang in den Beschluss des Parteikonvents gefunden, der auf Basis eines gemeinsamen Papiers des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem DGB gefasst wurde.
Freihandelsabkommen zwischen derart großen Wirtschafträumen wie den Vereinigten Staaten von Amerika und der EU eröffnen die Chance, die bilateralen Handelsbeziehungen zu intensivieren und dabei fair und nachhaltig zu gestalten. Handelsabkommen haben vorrangig das Ziel, neben den Zöllen, die nicht-tarifären Handelshemmnisse abzubauen. Dies kommt neben der Großindustrie vor allem dem Mittelstand zugute. Auf der anderen Seite gilt es, eine Reihe von Bedingungen zu formulieren, die Voraussetzung für eine Zustimmung sind. Für uns Sozialdemokraten zählen dazu ein hohes Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutzniveau. Internationale Übereinkünfte und Normen, wie vor allem ein den ILO-Kernarbeitsnormen entsprechendes Kapitel, müssen Eingang in den Text finden.
Die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge in der EU muss gewahrt werden. Den nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften muss ein umfassender Gestaltungsspielraum garantiert werden. Die bewährten deutschen und europäischen Standards dürfen in einem Abkommen nicht abgesenkt werden. Die Kritik an Investor-Staat-Schiedsverfahren bleibt richtig. Zwischen entwickelten Rechtssystemen sind solche Verfahren unnötig. Das gilt ausdrücklich auch für das Freihandelsabkommen CETA zwischen Kanada und der EU. Es gibt eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen den USA und Kanada. Erstens wäre mit einer derartigen Regelung die Tür für derartige Verfahren offen. Zweitens könnte man den USA kaum das verweigern, was man Kanada gestattet. Es geht um die Bewahrung von Rechtsstaat und Demokratie und den Vorrang des öffentlichen Rechts auf der Basis unseres Grundgesetzes.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Rebmann, MdB