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Frage von Andreas K. •

Frage an Stefan Müller von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Müller,

der Deutsche Bundestag ist mit seinen über 600 Abgeordneten ein sehr großes Parlament und insofern zwangsläufig für den Steuerzahler ein sehr kostenträchtiges. Dabei kommen in Deutschland ca. 131.000 Einwohner auf einen Abgeordneten.
Zum Vergleich hat das Repräsentantenhaus in den USA einen Abgeordneten pro rd. 708.000 Einwohner.
Ein Vergleich mit anderen Ländern fällt ähnlich aus.

Warum braucht Deutschland ein so großes Parlament?

Mit freundlichem Gruß und der Hoffnung auf einen baldige Antwort

Andreas Klenke

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Klenke,

erlauben Sie mir zunächst den Hinweis, dass ich Ihre Einschätzung nicht teile, der Deutsche Bundestag sei ein "sehr großes" und damit automatisch auch ein "sehr kostenträchtiges" Parlament.

Wie Sie ja selbst in Ihrer Frage schreiben, ist die entscheidende Zahl bei der Größenbeurteilung nicht die absolute Zahl der Abgeordneten, sondern die Betreuungsrelation, also die Anzahl Bürger, die ein Abgeordneter vertritt.

Deshalb hier zunächst ein Vergleich der Betreuungsrelation mit einigen anderen Parlamenten:

Deutschland: 622 Abgeordnete vertreten 81.759.000 Bürger = ca. 131.000 Bürger pro Abg.

Großbritannien: 650 Abgeordnete vertreten 61.792.000 Bürger = ca. 95.000 Bürger pro Abg.

Frankreich: 577 Abgeordnete vertreten 65.447.374 Bürger = ca. 113.400 Bürger pro Abg.

Schweden: 349 Abgeordnete vertreten 9.340.682 Bürger = ca. 26.800 Bürger pro Abg.

Österreich: 183 Abgeordnete vertreten 8.383.784 Bürger = ca. 45.800 Bürger pro Abg.

Niederlande: 150 Abgeordnete vertreten 16.587.551 Bürger = ca. 110.500 Bürger pro Abg.

USA: 535 Congressmen (435 Abgeordnete zum Repräsentantenhaus + 100 Senatoren, die ja auch direkt gewählt werden) vertreten 308.241.000 Bürger = ca. 575.000 Bürger pro Abg.

(Daten zu den Parlamentsgrößen von wahlrecht.de; Einwohnerzahlen von wikipedia.de)

Grundsätzlich geht es bei der Frage nach der optimalen Größe eines Parlaments immer um eine möglichst gute Balance zwischen Leistungsprinzip (also Beratungseffizienz und Arbeitsfähigkeit) und Erfüllung des Repräsentationsprinzips (gemessen an der Betreuungsrelation). An den oben genannten Zahlen können Sie leicht erkennen, dass der Deutsche Bundestag im internationalen Vergleich der Betreuungsrelation eher unterdurchschnittlich abschneidet, wenn man einmal vom US-Kongress absieht.

Aus meiner Erfahrung im Deutschen Bundestag kann ich Ihnen aber versichern, dass unser Parlament schon von seinem Selbstverständnis als Arbeitsparlament her eine höchst effizient organisierte und arbeitende Institution ist.

Leistungs- und Repräsentationsprinzip sind beim Deutschen Bundestag also durchaus in guter Balance.

Abgesehen davon haben Parlamentsgröße und -kosten nur bedingt miteinander zu tun.

Der komplette Parlamentsbetrieb des Deutschen Bundestages kostete den Steuerzahler 2009 insgesamt 633.767.000 Euro, also rein rechnerisch rund 7,75 Euro pro Bürger. Für den Bundesrat kommen noch 21.283.000 Euro, also 0,26 Euro pro Bürger hinzu. Insgesamt belaufen sich die Ausgaben für unsere Gesetzgebungsorgane pro Bürger also auf 8,01 Euro im Jahr.

Laut einem Bericht der BBC ( http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/politics/8208590.stm ) kostete der Parlamentsbetrieb des Britischen Parlaments (House of Commons und House of Lords) 2009 498.400.000 Pfund. Das entspricht 582.039.005 Euro oder rund 9,42 Euro pro Bürger.

Ein anderes Beispiel:

In den USA ist bekanntermaßen die Amtsausstattung sowohl der Senatoren als auch der Abgeordneten zum Repräsentantenhaus sehr viel umfangreicher als bei uns. So können beispielsweise Abgeordnete zum Repräsentantenhaus in den zwei Jahren ihrer Legislaturperiode bis zu 18 Mitarbeiter gleichzeitig anstellen, wofür ihnen laut opencongress.org ( http://www.opencongress.org/wiki/Congressional_offices_and_staff ) insgesamt 831.252 US-Dollar zur Verfügung stehen. Das entspricht 607.551 Euro. Pro Jahr also 303.775,50 Euro.

Zum Vergleich: Bundestagsabgeordneten stehen in den vier Jahren ihrer Wahlperiode insgesamt 706.176 Euro für Mitarbeiter zur Verfügung. Pro Jahr also 176.544 Euro.

Diese Zahlen sprechen für sich.

Mein Fazit lautet daher: Der Deutsche Bundestag ist im internationalen Vergleich weder zu groß, noch zu kostenträchtig, sondern für die Fülle seiner Aufgaben genau richtig dimensioniert.

Mit freundlichen Grüßen,

Stefan Müller, MdB