Frage an Steeven Bretz von Florian S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bretz,
zur Zeit bewegt mich ein Thema auf landespolitischer Ebene ganz besonders: der Entwurf zum neuen Polizeigesetz. Dieser sieht vor, polizeiliche Befugnisse massiv auszuweiten. Darunter nur drei Beispiele als Spitze eines viel größeren Eisberges:
- Ausweitung der Videoüberwachung an öffentlichen Straßen und Plätzen und an „Objekten“, die allein abhängig von der Gefahreneinschätzung der Polizei zu „gefährdeten“ Objekten erklärt werden (§ 31 Abs.2).
- Allein abhängig von der Einschätzung durch die Polizei Einstufung von Personen als Gefährder, die somit massiven Repressionen und Überwachungen ausgesetzt werden, u. a. Gewahrsamnahmen bis zu einem Monat, Aufenthaltsgebote und Kontaktverbote, Online-Durchsuchungen etc. (§ 28a bis § 28f).
- Einsatz von Spionagesoftware („Staatstrojaner“) unter Ausnutzung von Sicherheitslücken zur Überwachung von verschlüsselter Kommunikation (§ 33d).
Diese geplanten Maßnahmen machen mir Angst. Sie weichen die wichtige Trennung von Polizei und Geheimdienst weiter auf. Schwammige Formulierungen wie die der "potentiellen Gefährdung" oder des Einsatzes von Explosivmitteln (wie bspw. Handgranaten) gegen diese unter ebenso schwammigen Bedingungen (§ 61 Abs. 3) weiten den Handlungsspielraum zu stark in das Präventive, ohne dabei klare Regeln zu setzen. Der Polizei wird hier in gewisser Weise Narrenfreiheit gewährt. Mit dem Gesetzentwurf werden Menschen unter Generalverdacht gestellt und es hilft dabei, solche, die ohnehin schon von polizeilicher Diskrimnierung betroffen sind, noch stärkeren Repressionen auszusetzen.
Mich würde daher interessieren:
- Wie stehen Sie zum neuen Polizeigesetz?
- Werden Sie etwas unternehmen, um eine massive Ausweitung polizeilicher Befugnisse zu verhindern?
- Wenn ja, wie sehen diese Unternehmungen aus?
- Wenn nein, wie rechtfertigen Sie diesen Gesetzentwurf?
Mit freundlichen Grüßen
F. S.
Sehr geehrter Herr Sprenger,
der Gesetzentwurf der Landesregierung bleibt hinter unseren Erwartungen in mehrfacher Hinsicht zurück: Zum einen spart der Gesetzentwurf eine Reihe von polizeilichen Befugnissen aus, die aus unserer Sicht hätten geregelt werden müssen. Die Online-Durchsuchung beispielsweise hat das Bundesverfassungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen bereits bestätigt (Urteil zum Bundeskriminalamtgesetz). Im Gesetzentwurf der Landesregierung ist diese nicht mehr zu finden. Zum anderen setzt der Gesetzentwurf der Landesregierung nicht die EU-Richtlinie zum Datenschutz und zur Datensicherheit im Bereich der Polizei um.
Deshalb hat die CDU-Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, bei dem wir die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z. B. zum Gefahrenbegriff, zur Einführung von weiteren Richtervorbehalten, zu expliziten Regelungen betreffend Vertrauenspersonen, zu verstärkten Anforderungen an die Zweckbindung und an die weitere Verarbeitung von Daten, zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, zur Protokollierung, zu den Benachrichtigungspflichten sowie zur parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle) und die EU-Richtlinie umsetzen sowie die erweiterten Befugnisse auf besonders schwerwiegende Kriminalitätsbefugnisse und schwere bzw. besonders schwere Straftaten ausrichten. Dies wird durch eine Anleitungsvorschrift für die Polizei im Bereich der selektiven Kriminalprävention unterstützt, die für die Verhütung und vorbeugende Bekämpfung von Straftaten und Kriminalitätsphänomen eine operative Präventionsplanung und kriminalpräventive Handlungskonzepte voraussetzt, durch die die Maßnahmen begrenzt und zielgerichtet auf Kriminalität und Straftaten ausgerichtet werden.
Unser Gesetzentwurf wahrt deshalb die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit.
Aufgrund der umfangreichen Erläuterungen senden wir Ihnen hier zur Info den Link zu unserem Gesetzentwurf zu:
https://www.parldok.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w6/drs/ab_9800/9828.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Steeven Bretz