Frage an Sonja Steffen von Felix L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Steffen,
in der 230. Rede des Deutschen Bundestages hatten Sie einen Wortbeitrag. Im Laufe dieses Wortbeitrages wurden Sie widerholt von Herrn Brandner (AfD-Fraktion) unterbrochen bzw. durch Zwischenrufe gestört. Sie konterten darauf mit der Frage „Haben Sie Tourette-Syndrom?“
Frau Steffen, wenngleich das Verhalten Ihres Kollegen von allem anderen zeugt als parlamentarischem Anstand sehe ich Sie nicht im Recht, diese mitunter verlaufsschwere Krankheit hierfür zu verwenden.
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass das Tourette-Syndrom, an welchem ich selbst erkrankt bin, sich weitaus vielfältiger gestaltet als das bloße „unkontrollierte Ausrufen“.
Ich finde diese Äußerung in hohem Maße unpassend für eine Abgeordnete, die Teil einer BT-Fraktion ist die die Silbe „sozial“ in Ihrem Namen trägt. Diese Äußerung war sicherlich vieles, aber sicher nicht sozial. Sie haben damit alle Erkrankten als Menschen dargestellt, die wahllos mit störenden Bemerkungen um sich werfen.
Wie können Sie, Angehörige einer Partei die der AfD vorurteilsvolles Handeln und Denken vorwirft, sich eines solchen Mittels bedienen? Haben Sie jemals einen Menschen kennengelernt, der am Tourette-Syndrom leidet? Wie können Sie anderen Menschen Hetze vorwerfen, und sich dann in meinen Augen derselben bedienen? Wie passt eine Funktion als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Gesundheit zu solchen Aussagen?
Ich bin über diese Aussage zutiefst schockiert. Gleichwohl möchte ich klarstellen, dass ich nicht die Absicht habe, Herrn Brandner in Schutz zu nehmen. Vielmehr möchte ich einstehen für eine Vielzahl von Menschen die an einer Krankheit leiden, die in der Öffentlichkeit ohnehin schon mit zu viel Spott bedacht wird.
Meiner Meinung nach ist hier eine Entschuldigung fällig. Keineswegs an Herrn Brandner, aber an die Leidenden einer Krankheit, die vor nahezu niemandem zu verstecken ist.
Über die Beantwortung der o.g. Fragen wäre ich sehr dankbar.
MfG
Luig
Lieber Herr Luig,
zuallererst möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen und auch bei allen Betroffenen, die an dieser Krankheit leiden. In keinem Fall war und ist es meine Absicht, diese Personen mit Spott zu bedenken. Eine solche Aussage werden Sie nicht mehr von mir hören.
In dem Moment, als ich den Ausdruck benutzt habe, habe ich mich selbst darüber geärgert, konnte es dann aber nicht mehr rückgängig machen und das Wort war in der Welt.
Die Zwischenrufe von Herrn Brandner waren in meinem Augen bewusst unterbrechend und sollten mich irritieren, was sie auch getan haben. Dennoch soll und kann diese Erklärung keine Rechtfertigung für diesen Ausdruck sein. Im Gegenteil haben Betroffene meine höchste Wertschätzung für Ihre Stärke, die sie für ihren Alltag brauchen. Und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich auf dieses Verhalten aufmerksam machen, denn nur so kann eine Gesellschaft lernen, sich weiterentwickeln und sich im besten Fall bei der anderen Person entschuldigen. Das sehe ich als Voraussetzung für eine soziales Zusammensein.
Herzlich
Ihre Sonja Steffen