Frage an Sonja Steffen von Kathrin M. bezüglich Jugend
Die Kindertagespflege ist, mit ca. 150.000 Betreuungsplätzen, ein wichtiger Bestandteil der Kinderbetreuung in Deutschland. Fast 45.000 Kindertagespflegepersonen ermöglichen diese Art der Betreuung und retten derzeit so manche Kommune vor einer Klagewelle.
Laut aktueller Studien steigt die Qualifikation der Kindertagespflegepersonen stetig und die Anzahl der betreuten Kinder nimmt zu, was darauf schließen lässt, dass die Kindertagespflegepersonen diesen Beruf hauptberuflich ausüben und auch davon leben wollen.
Im SGB VIII § 23 steht leider immer noch, dass eine Kindertagespflegeperson eine Anerkennung für ihre Förderleistung bekommen muss, was von unterschiedlichen Gerichten so ausgelegt wird, dass gar keine richtige Bezahlung nötig ist. So ist es 2017 in Deutschland möglich, dass selbstständige Kindertagespflegepersonen oft 50 Stunden pro Woche arbeiten und Betreuungsplätze für Kinder bieten, sie aber vom Jugendhilfeträger nicht ausreichend bezahlt werden. Ein Leben vom Beruf der Tagesmutter oder dem Tagesvater ist vielerorts nicht möglich.
Wie wollen Sie die Kinderbetreuung, insbesondere die Kindertagespflege fördern?
Wie kann aus Sicht Ihrer Partei die Wahlfreiheit für Eltern (§ 5 Abs. 1 SGB VIII) zwischen den Angeboten von Kita und Kindertagespflege gestärkt werden, insbesondere für die Betreuung von Kindern über drei Jahren?
Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei, die sog. „Anerkennung der Förderungsleistung“, also die Vergütung der Kindertagespflegepersonen, bundesweit so anzuheben, dass sie leistungsgerecht und auskömmlich ist?
Was sagen Sie zum Modell der leistungsgerechten Bezahlung vom Bundesverband für Kindertagespflege? Ist das eine Möglichkeit die Kindertagespflegepersonen fair zu bezahlen? Ist dies in der Praxis umsetzbar und vor allem bezahlbar? https://www.bvktp.de/files/bvktp-broschu__re_modell_zur_vergu__tung.pdf
Sehr geehrte Frau M., sehr geehrte Frau Kuhlmann,
vielen Dank für Ihre Anfragen bei abgeordnetenwatch.de. Da Sie ähnliche Fragen zum Thema Kindertagespflege gestellt haben, möchte ich Ihre Fragen gerne gemeinsam beantworten.
Auch mich beschäftigt die Situation der Tagesmütter und Tagesväter. Die Kindertagespflege ist eine wichtige Säule in der Kinderbetreuung. Sie ist eine zur Kindertageseinrichtung gleichwertige Betreuungsform, die sich durch eine besonders familiennahe Betreuung auszeichnet.
Die Formen der Kindertagespflege sind vielfältig: Tagesmütter und Tagesväter können selbstständig tätig oder bei einem öffentlichen oder freien Träger, einem Unternehmen oder bei Eltern bzw. Elterninitiativen fest angestellt sein. Dementsprechend reichen auch die Qualifikationen der Tagespflegepersonen von der Ausbildung zur Fachkraft bis zur Qualifizierung in Vorbereitungskursen.
Überwiegend sind Tagespflegepersonen selbstständig tätig und erhalten eine Geldleistung vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Den rechtlichen Rahmen gibt das Achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vor, die gesetzliche Umsetzung erfolgt durch die Länder und Kommunen. Wir haben in dieser Legislaturperiode eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“ ins Leben gerufen, um die Diskussion über die Weiterentwicklung der Qualität in der Kinderbetreuung anzustoßen.
Unser Ziel ist es, dass die Qualität von Kinderbetreuung transparent ist und bundesweit gleiche Standards herrschen. Dazu wollen wir auch die Kindertagespflege weiter professionalisieren und aufwerten.
Mit einem bundesweiten Gesetz wollen wir die Qualität von Kitas mit Unterstützung des Bundes steigern. Wir wollen eine kindgerechte Tagespflegeperson-Kind-Relation, hohe Raumqualität, qualifizierte Fachberatung und gute Tätigkeitsbedingungen in der Kindertagespflege.
Mit gezielten Bundesprogrammen zur Förderung von Kindertagespflege wollen wir von Seiten des Bundes einen Beitrag leisten, die pädagogische Arbeit der Tagesmütter und Tagesväter sowie die strukturelle Qualität in der Kindertagespflege weiterzuentwickeln. Für alle Formen der Kindertagespflege gilt es, die Beratungsinfrastruktur, die pädagogische Begleitung und die Vernetzung zu stärken.
Die Höhe und Zusammensetzung der Geldleistung variieren je nach Bundesland und Jugendamtsbezirk. Dabei spielen auch Faktoren wie Qualifikation der Tagespflegeperson, Betreuungsdauer und -zeit sowie Anzahl, Alter und etwaige besondere Bedürfnisse der betreuten Kinder eine Rolle.
Wir wollen, dass Tagesmütter und Tagesväter von ihrer Tätigkeit leben können!
Tagespflegepersonen, die die Tätigkeit auf Dauer ausüben und für die das Tagespflegeentgelt wesentlicher Bestandteil des Einkommens ist, sollen die Möglichkeit zur Weiterqualifizierung erhalten. Mit dem Erreichen einer höheren Qualifikation sollte auch eine bessere Vergütung und soziale Absicherung verbunden sein.
Außerdem wollen wir die Sozialen Berufe insgesamt aufwerten. Hiervon würden auch die Tagespflegepersonen profitieren. Menschen, die in Gesundheits-, Pflege-, Erziehungs-, Sozial- und Bildungsberufen arbeiten, verdienen mehr Anerkennung. Um der Zersplitterung der arbeitsrechtlichen Vereinbarungen und der Tarifabschlüsse zu begegnen, ist ein allgemeinverbindlicher Branchentarifvertrag Soziales notwendig.
Im Bereich der Kinderbetreuung haben Bund und Länder in den vergangenen Jahren gemeinsam schon viel erreicht. Aber das System der frühkindlichen Bildung – einschließlich der Kindertagespflege – ist weiterhin unterfinanziert. Hinzu kommt eine ausgeprägte Asymmetrie zwischen den Kosten- und Nutzenträgern der Kindertagesbetreuung: Die Kommunen haben den größten Teil der Kosten für den Regelbetrieb zu finanzieren.
Die Bundesländer, vor allem aber der Bund und die Sozialversicherungen profitieren hingegen ganz erheblich davon. Deshalb wollen wir, dass sich der Bund in Zukunft stärker beteiligt. Hierfür werde ich mich im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Steffen