Frage an Sonja Steffen von lothar Tiedtke von K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Steffen,
ich habe in den vergangenen Jahren fünf Petitionen im Bund und Land zu der Opfer-Problematik der ehemaligen DDR-Diktatur gestellt. Sie wurden nach überlanger Bearbeitungszeit abgewiesen. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die sehr langen Bearbeitungszeiten auch etwas mit "aussitzen" der Problematik und der Verjährungszeiten einher geht. Meine Hinweise diesbezüglich an die Abgeordneten des Bundestages wurden nie berücksichtigt. Mein erstes eingereichtes Rehabilitierungsverfahren 2004 wurde abgewiesen. Mein Verfahren vorm Bundesverfassungsgericht liegt unbearbeitet seit über einem Jahr. Dort beruft man sich auf Personalmangel. Ehemalige politisch Verfolgte werden, so habe ich persönlich den Eindruck, auf dem Rechtsweg, der unendlich lange dauert, ausgeschaltet. Der Eindruck entsteht, hier werden Täter vor den Opfern geschützt. Die Rehabilitierungen sollten nach Recht und Gesetz entschieden werden. Vielfach zieht jede Rehabilitierung die Enttarnung von mehreren Tätern nach sich. Die Opferentschädigung und die Täter- Enttarnung darf nicht vordergründig stehen. Allein die gesetzliche Grundlage ist einzuhalten.
Opfer ohne Beweise, die vernichtet wurden, muss demokratisch, gleichberechtigt im Gesetz geholfen werden. Das ist zur Zeit nicht der Fall. Ganze Opfer-Gruppen werden benachteiligt. Es gibt keine Gleichbehandlung von Verantwortlichen der Diktatur und ehemals Verfolgten. Warum werden ehemals Verfolgte nicht bei der Gesetzgebung mit einbezogen? Demokratie nicht nur am Wahltag, nein auch bei der Einbeziehung neuer Gesetze..Auch die Meinungsfreiheit und Pressefreiheit ehemaliger Opfer ist leider eingeschränkt. Das musste ich seit Jahren erleben. Ich möchte Sie bitten mir auf meine Frage eine Antwort zu geben.
Sehr geehrter Herr Tiedtke von Koß,
vielen Dank für Ihre Anfrage über „abgeordnetenwatch.de“.
Sie beanstanden die langen Bearbeitungszeiten Ihrer Petitionen und Gerichtsverfahren.
Die Problematik ist bekannt und keineswegs gewünscht. Wie ich Ihnen bereits in meiner Email im Mai 2012 mitgeteilt habe, ist ein Bearbeitungszeitraum von einem Jahr oder mehr leider aufgrund der Fülle der Eingaben und der sorgfältigen Bearbeitung jedes Anliegens nicht ungewöhnlich. Die SPD-Fraktion hat daher angeregt und durchgesetzt, das Petitionsverfahren durch Änderungen im Ablauf so gut wie möglich zu verkürzen. Da jedoch jeder ein Recht auf ausführliche Auseinandersetzung mit seiner Eingabe hat, wird die Bearbeitung in der Regel auch künftig leider nicht so schnell gehen, wie sie den Petenten zu wünschen wäre.
Auch Gerichtsverfahren werden sich, wie ich hoffe, künftig beschleunigen. Der Bundestag hat Ende 2011 endlich ein Gesetz gegen überlange Gerichtsverfahren verabschiedet. Wer gegenüber dem Gericht die überlange Verfahrensdauer rügt und keine Abhilfe erhält, kann Entschädigungsklage erheben.
Zu Ihrer Frage bezüglich der Berücksichtigung von Verfolgten im Zuge der Gesetzgebung möchte ich Ihnen mitteilen, dass Betroffene grundsätzlich in das Gesetzgebungsverfahren einbezogen werden. So gibt es beispielsweise öffentliche Anhörungen in den jeweiligen Ausschüssen, die Bildung von „Runden Tischen“ (wie beispielsweise bei den Heimkindern) und jederzeit die Möglichkeit, sich mit schriftlichen Stellungnahmen oder persönlichen Gesprächen in die Gesetzgebung einzubringen.
Mit freundlichen Grüßen
Sonja Steffen, MdB