Frage an Sonja Rajsp von Jean K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Rajsp,
Winfried Kretschmann hatte die Grünen als die "neue Baden-Württemberg-Partei" deklariert. Nun kann man ja durchaus behaupten, dass die Grünen in Baden-Württemberg verglichen mit anderen Bundesländern ein durchaus bürgerliches Image haben und deshalb bei Landtagswahlen dort auch einen relativ hohen Stimmenanteil erreichen.
Wenn sich Ihre Partei aber als "Baden-Württemberg-Partei" erklärt gehört da für mich auch dazu, dass man sowohl den Mittelstand, der in Baden-Württemberg sehr wichtig ist als auch die großen Aktiengesellschaften, die ebenfalls zuhauf vorhanden sind unterstützt, also eine unternehmensfreundliche Wirtschaftspolitik betreibt. Dazu gehört für mich, dass sich eine Partei klar zu TTIP bekennt, dazu würde ich gerne ihren Standpunkt wissen.
Mit freundlichen Grüßen
J. K.
Sehr geehrter Herr K.,
na klar ist mir der Mittelstand in Baden-Württemberg wichtig - und die großen Aktiengesellschaften bieten uns Arbeitsplätze. Ich habe Betriebswirtschaft an der FHW Pforzheim studiert und mir ist sehr wohl bewußt, dass die Wirtschaft einen sehr hohen Stellenwert haben muss. Ich denke, die grün-rote Regierung hat in den letzten fünf Jahren bewiesen, dass sie kein Wirtschafts-Killer ist, ganz im Gegenteil: Baden-Württemberg ist Innovationsstandort Nr. 1 und soll's auch bleiben. Zu TTIP: Seriöse Studien gehen davon aus, dass das Wirtschaftswachstum mit TTIP um 0,5% in den nächsten 10 Jahren gesteigert werden könnte - nicht pro Jahr, sondern insgesamt. Ich denke, diese Aussicht ist nicht die vielen Risiken wert, die TTIP birgt: Schiedsgerichte, die faktisch eine unkontrollierbare Paralleljustiz bedeuten (z. B. wurde Kanada von Ölfirmen auf Schadensersatz i. H. v. 65 Mio. USD und von einem Privatinvestor wegen des geplanten Baus einer Brücke auf 3,5 Mrd. USD verklagt, Mexiko musste an ein privates Unternehmen 58 Mio USD bezahlen, weil eine Getränkesteuer eingeführt wurde, die die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger schützen sollte) - das KANN nicht in unserem Interesse sein - mit "uns" meine ich alle Steuerzahler*innen - denn wenn ein Staat eine Strafe zahlt, dann tut er das mit Steuergeldern. Weitere fragwürdige Eckpunkte sind die Absenkung der Standards im Verbraucherschutz, im Umwelt-, Klima-, Tier-, Arbeits- und Datenschutz und die Frage, wie kleine regionale Unternehmen mit TTIP zurechtkommen. Kurz gesagt: So wie's jetzt ist (bzw. so viel ich darüber weiß - und das ist dank Geheimhaltung nicht viel) kann ich TTIP nicht gutheißen - ich denke, sehr wenige könnten davon profitieren, und es besteht ein hohes Risiko, dass sehr viele davon nicht profitieren würden. Viele Grüße,
Sonja Rajsp