Frage an Sören Herbst von Achim R. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Herbst,
ich ärgere mich seit geraumer Zeit darüber, dass wir Beamte in Sachsen-Anhalt die am schlechtesten bezahlten im gesamten Bundesgebiet sind. Wir erhalten -anders als in anderen Ländern und im Bund- seit Jahren wie selbstverständlich kein Weihnachtsgeld und haben eine Wochenarbeitszeit von über 40 Stunden. Die Aufgaben werden immer mehr und die Verwaltung ist hoffnungslos überaltert, weil es kaum Neueinstellungen gibt.
An welchen der folgenden Punkten werden sie etwas änder:
1. Weihnachtsgeld
2. Wochenarbeitszeit
3. Überalterung
4. Neueinstellungen
Vielen Dank !
Sehr geehrter Herr Röhrig,
Bündnis 90/Die Grünen sehen das wachsende Auseinanderdriften der Besoldung/Bezahlung in den einzelnen Bundesländern und bei den drei öffentlichen Arbeitgebern (Bund, Länder und Kommunen), sehr kritisch. Wir wollen, das gleiche Arbeit und Verantwortung auch gleich bezahlt wird, sowohl im Bundesvergleich, als auch im Vergleich zwischen den Vertretern der beiden Statusgruppen Beamte und Angestellte.
Unsere Mindestforderungen sind deshalb:
1. Sofortige Übernahme der tariflichen "Weihnachtsgeld"-Regelung der Angestellten des Landes inhaltsgleich auf die Landesbeamten. Da hier zwischen 30% eines Monatsbezuges (ab Besoldungsstufe A 14) und bis zu 60 % eines Monatsbezuges (bei den unteren Besoldungsgruppen) zu differerenzieren wäre, halten wir das für sozial ausgewogen und für das Land finanziell tragbar. Es gibt keinen sachlichen Grund, bezüglich der einmaligen jährlichen Sondervergütung, die Beamten gegenüber den Angestellten schlechter zu stellen.
2. Die Wochenarbeitszeit beträgt in Sachsen-Anhalt im öffentlichen Dienst generell 40 Stunden, das soll auch so bleiben. Wenn dennoch dauerhaft unbezahlte Überstunden anfallen, ich das nicht hinnehmbar. Wir wissen, dass sich in vielen Bereichen der Landesverwaltung aus verschiedenen Gründen ein Prozess der Arbeitsverdichtung verstetigt hat. Einer der Hauptgründe neben dem Personalabbau ist der permanente Aufgabenaufwuchs. Dieser Trend ist nur durch eine qualifizierte Aufgabenkritik mit allen Beteiligten zu drehen. Wir wollen, dass die zu erbringende Leistung stellenbezogen mit dem vorhandenen Arbeitsvermögen in Übereinstimmung gebracht wird. Dazu müssen sich alle Mitarbeiter in die Diskussion um die Verbesserung von Arbeitsroutinen und auch bei der Vereinfachung der zu Grunde liegenden gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Bestimmungen einbringen können. Weiterhin wollen wir prüfen, ob die Möglichkeiten der Würdigung besonderer Leistungen der Mitarbeiter in der Besoldung (Beförderung, vorzeitiger Stufenaufstieg) personalwirtschaftlich bewußt ausgeschöpft werden. Wir erhoffen uns davon, bei korrekter und transparenter Anwendung, die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen.
3. Wenn eine Gesellschaft insgesamt altert, ist auch die Überalterung im öffentlichen Dienst aktuell nicht aufzuhalten. Wir wissen, dass, wenn das "Klima" stimmt, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung darunter nicht leidet. Meist wird sogar das Ausscheiden älterer Mitarbeiter von den Kollegen mit dem Verlust eines reichen Erfahrungswissens verbunden. Wir Bündnisgrünen wollen, dass sich der öffentliche Dienst auch in der Frage der älter werdenen Verwaltung als "Lernende Organisation" versteht, weil er nur so mit den wachsenden Anforderungen mithalten kann. Festzustellen ist aber auch, dass diese Überalterung nur ein zeitlich begrenztes Problem sein wird, weil, wegen des aktuell hohen Durchschnittsalters, zwangsläufig mittelfristig ein Generationswechsel im öffentlichen Dienst bevorsteht. Das neue Problem wird dann sein: Wie ist der Generationswechsel zu gestalten, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten und das Erfahrungswissen der Ausscheidenen rechtzeitig weiter zu geben?
4. Das Personalentwicklungskonzept der Landesregierung verdient diesen Namen nicht: es ist genau genommen nur ein Personal-Abbaukonzept. Bündnis 90/Die Grünen wollen deshalb die Anzahl der zukünftigen Neueinstellungen genauer planen und nicht nur pauschale Neueinstellungs-Korridore festlegen. Auch hier ist eine konsequente Ressort-übergreifende Aufgabenkritik nötig, weil das Maß der Stellenreduzierungen in den einzelnen Bereichen eben nicht nur von demografischen Entwicklungen und Ländervergleichen abgeleitet werden darf!
Weiterhin müssen sich alle Verantwortlichen klar sein: im Öffentlichen Dienst Sachsen-Anhalts steht in den nächsten 5 bis 15 Jahren ein Generationswechsel bevor. Gleichzeitig wird sich bei einer geringer werdenden Anzahl von Schul- und Studienabgängern die Konkurrenz um die Besten verschärfen. Die Politik wird sich zu diesem Problem stärker positionieren müssen. Wir Bündnisgrünen beobachten mit Sorge, dass schon jetzt im Land ausgebildete Verwaltungsfachleute und fertig examinierte Lehrer durch bessere Bezahlungs- und Besoldungszusagen anderer Bundesländer aus Sachsen-Anhalt verstärkt abgeworben werden.
Insgesamt ist festzustellen, dass Bündnis 90/Die Grünen sowohl auf Landes-, als auch auf Bundesebene eine Politik betreiben will, die das Auseinanderdriften der Besoldung/Bezahlung in den einzelnen Bundesländern und zwischen Beamten und Angestellten verhindert. In Sachsen-Anhalt wollen wir insbesondere dafür sorgen, dass die aktuellen und alle zukünftig ausgehandelten Tarifverträge für die Landesangestellten inhalts- und zeitgleich auf die Beamtenbesoldung übertragen werden.
Mit den besten Grüßen,
Sören Herbst