Frage an Sören Bartol von Sophie S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bartol,
gestern habe ich mit Freunden in größerer Runde darüber diskutiert, ob Handel mit nicht-demokratischen Regimes, welche die Menschenrechte nicht achten, von der Politik unterstützt oder unterbunden werden sollte. Dabei haben wir festgestellt, dass dieses Thema eine sehr wichtige Frage der kommenden Wahl für uns ist.
Gerade im Hinblick auf die kommende Wahl wäre es für uns interessant, Ihre Meinung hierzu zu kennen. Ihre Antwort könnte unter Umständen entscheiden, wo wir unser Kreuz setzen werden.
Ich würde mich über eine ausführliche Antwort freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Sophie Schmidt
Sehr geehrte Frau Schmidt,
als Abgeordneter des Deutschen Bundestages fordere ich die Einhaltung menschenrechtlicher, ökologischer und sozialer Mindeststandards im Rahmen von Handelsbeziehungen mit Entwicklungsländern, explizit in Bezug auf Rohstoffpartnerschaftsabkommen bzw. WTO Handelsabkommen. Bei EU-Handelsabkommen bin ich ohne Ausnahme der Meinung, dass die Einhaltung der oben genannten Standards eine Grundvoraussetzung ist.
Im Idealfall ist die Einhaltung dieser Standards bei der Ausgestaltung von Handelsbeziehungen gegeben – das ist unfraglich. Davon abweichende Fälle muss man im Einzelfall beurteilen. Deutschland hat Handelsbeziehungen zu Staaten, mit denen kein Abkommen besteht und bei denen die Einhaltung der genannten Standards schwierig ist – beispielsweise China. Hierzu gibt es innerhalb der Fraktion zwei Meinungen. Ein Teil ist der Meinung, dass man Handel mit Staaten, die Menschenrechte nicht einhalten, grundsätzlich meiden sollte. Der andere Teil steht für „Wandel durch Annäherung“ und argumentiert, dass ein Handelsboykott die Demokratisierung in diesen Ländern noch stärker hemmen würde. Hier geht man davon aus, dass Handelsbeziehungen den Menschenrechtsdialog voranbringen und dazu beitragen, die menschenrechtlichen Bedingungen zu verbessern. Ich finde eine Einschätzung dazu schwierig. Einerseits kann ich die Haltung, Handel mit nichtdemokratischen Staaten zu meiden verstehen, andererseits glaube ich, dass von einem Handelsboykott die Eliten, auf die er zielt, als letzte getroffen werden und zunächst erst einmal die Bevölkerung darunter zu leiden hat. Auch deshalb ist mir das Prinzip Wandel durch Annäherung näher, wobei ich es für unerlässlich halte, nach Art der Handelsgüter zu unterscheiden und etwa den Export von Rüstungsgütern in nichtdemokratische Staaten auszuschließen. Gleichzeitig ist es wichtig, im politischen Dialog immer wieder den Finger in die Wunde von Menschenrechtsverletzungen zu legen und die Arbeit von Organisationen zu unterstützen, die genau das tun.
Ich glaube, dass darüber hinaus jeder von uns als Verbraucher/in eine Verantwortung und mit seiner Kaufkraft auch eine nicht zu unterschätzende Macht hat. Als Verbraucher versuche ich bewusst zu konsumieren und darauf zu achten, fair gehandelte, lokale und ökologische Produkte zu kaufen – wobei das nicht immer gelingt und leider auch die Herkunft aus demokratischen Staaten kein Kriterium für faire Arbeitsbedingungen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol