Frage an Sönke Rix von Rolf B. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Moin Herr Rix!
Deutschland steht vor einer der spannendsten Bundestagswahlen. Für das Gebiet, in dem ich wohne, bewerben Sie sich um ein Bundestagsmandat. Als Wähler möchte ich Ihnen – wie auch Ihren Mitbewerbern – auf diesem Wege die Frage stellen:
Halten Sie es für denkbar, den Lobbyismus einzuschränken bzw. transparent zu machen?
Nette Grüße aus Rendsburg
Ihr. R. B.
Sehr geehrter Herr Burzlaff,
vielen Dank für Ihre Frage. Ja, das ist natürlich möglich, aber dafür brauchen wir andere Mehrheiten im Deutschen Bundestag.
Immerhin haben wir im März 2021 einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD zur Einführung eines Lobbyregisters beim Deutschen Bundestag beschlossen. Nach jahrelangem Widerstand hat die Union endlich eingelenkt.
Das Lobbyregistergesetz, das am 1. Januar 2022 in Kraft tritt und eine Pflicht zur Registrierung von Lobbyarbeit gegenüber Bundestag und Bundesregierung vorsieht, schafft wichtige Transparenz über die Einflussnahme auf Parlament und Regierung. Seit Jahren kämpft die SPD-Fraktion für mehr Transparenz in der Politik. Es brauchte zahlreiche Korruptionsskandale, damit die Union ihre Blockadehaltung zumindest teilweise aufgegeben hat.
Interessenvertreterinnen und -vertreter müssen umfassende Angaben zu ihrer Identität und zum Gegenstand sowie zur Finanzierung der Interessenvertretung machen. Auch müssen sie sich an einen verbindlichen Verhaltenskodex für integre Interessenvertretung halten. Bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht droht ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro. Verstöße gegen den Verhaltenskodex werden im Register veröffentlicht.
Das neue Lobbyregistergesetz ist für Deutschland ein parlamentarischer Meilenstein. Es gewährleistet wichtige Transparenz über die Einflussnahme von Interessenvertreterinnen und -vertretern auf Parlament und Regierung. Bei der Gesetzesberatung war der zentrale Streitpunkt innerhalb der Koalition Transparenz über Lobbyismus gegenüber der Bundesregierung: Die Union wollte das Register ausschließlich auf Kontakte von Lobbyisten zu Bundestagsabgeordneten beschränken und nicht auf die Bundesregierung ausweiten. Diese Beschränkung hat die SPD erfolgreich verhindert. Über 90 Prozent der Gesetze werden in den Ministerien verfasst. Natürlich wenden sich Lobbyisten daher in erster Linie an die Ministerien. Künftig werden sie nun auch erfasst.
Aller Freude zum Trotz fehlt ein wichtiger Punkt im Gesetz: der exekutive Fußabdruck. Also die Veröffentlichung aller Lobbyistenkontakte und Lobbyistenstellungnahmen durch die Bundesministerien bei der Entstehung von Gesetzeswerken. Mit dem Lobbyregister im engen Sinne erfahren wir, wer Einfluss nimmt, aber nicht wie und auf welches Gesetz genau. Mit dem exekutiven Fußabdruck würden wir die Art und den Gegenstand des Einflusses erfahren. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur Schaffung von Transparenz im Bereich der Gesetzgebung gewesen. Dies hat die Union verhindert. Auch nach den vielen Skandalen der letzten Monate scheint bei CDU/CSU trotz aller gegenteiliger Beteuerungen immer noch der Grundsatz zu gelten: Zu viel Transparenz ist unerwünscht. Die SPD-Fraktion wird weiter für die Einführung auch des exekutiven Fußabdruckes kämpfen.
Änderungen gibt es auch bei den Nebeneinkünften der Abgeordneten. Nebeneinkünfte, die 1000 Euro im Monat oder bei ganzjährigen Tätigkeiten 3000 Euro im Jahr übersteigen, sind anzeigepflichtig. Unternehmensbeteiligungen müssen bereits ab 5 Prozent (statt bisher ab 25 Prozent) veröffentlicht werden. Abgeordnete dürfen ihre Mitgliedschaft im Bundestag nicht für geschäftliche Zwecke missbrauchen und sich nicht für Lobbytätigkeit und Vorträge bezahlen lassen. Verstöße werden mit hohen Bußgeldern sanktioniert. Die Strafnorm zur Bestechung und Bestechlichkeit von Abgeordneten wurde deutlich verschärft. Auch Spenden dürfen Abgeordnete nicht annehmen.
Ich gehe übrigens keiner bezahlten Nebentätigkeit nach, habe also keine Nebeneinkünfte – anders als viele andere Abgeordnete. Mir ist es jedoch wichtig, nicht alle Nebeneinkünfte pauschal zu verurteilen. Landwirtinnen und Landwirte sollten zum Beispiel nicht ihren Hof verkaufen müssen, weil sie ein Mandat ausüben. Und wer sich kommunalpolitisch engagiert, kann auch schon mal eine höhere Aufwandsentschädigung erhalten. Klar ist jedoch, dass – so regelt es auch das Abgeordnetengesetz – die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt stehen muss. Bei so manchem Mitglied des Bundestages frage ich mich, wie realistisch dies in Anbetracht hoher Nebeneinkünfte ist. Abgeordnete bzw. Abgeordneter zu sein ist ein Vollzeitjob, Reden oder Grußworte zu halten und mit Menschen – auch Unternehmerinnen und Unternehmern – zu sprechen, gehört für mich selbstverständlich dazu. Dafür braucht es keine extra Bezahlung.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter. Sollten Sie darüber hinaus Informationen benötigen, finden Sie diese beispielsweise unter https://www.bundestag.de/lobbyregister.
Mit freundlichem Gruß
Sönke Rix