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Sönke Rix
SPD
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Frage von Michael T. •

Frage an Sönke Rix von Michael T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Rix,

das Wort Rentenreform ist ja derzeit in aller Munde.
Warum eigentlich nur Rentenreform und nicht auch Pensionsreform?

Die Rentenhöhe eines Arbeitnehmers orientiert sich an den geleisteten Beiträgen eines Arbeitnehmers und seines Arbeitgebers über die gesamte Arbeitszeit.
Übersteigt allerdings der Bruttolohn die Beitragsbemessungsgrenze (derzeit etwa 6900€), wird der Versicherungsbeitrag höchstens von diesem Grenzbetrag erhoben. Das bedeutet, Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen höchstens bis zu diesem Betrag in die Rentenversicherung ein und bekommen letztendlich für die über Jahre geleisteten Beiträge ihre Rente.

Bei Beamtenpensionen gibt es diese Beitragsbemessungsgrenze nicht. Da zahlt Vater Staat 71,75%
Pension auf die letzten Bezüge, auch wenn Diese im Bereich der B-Gehälter liegen.
Bei B11 liegen wir bei 14750€ Gehalt also einer Bruttopension von 10583€ (Durchschnittsrente 2020 bei 1176€).
Dies ist vermutlich die höchste Pension die zu erreichen ist aber auch im Endstadium des mittleren Dienstes (A9) reicht es für 2693€ Bruttopension. Nur etwa 25% aller Rentner beziehen eine Rente oberhalb der 1500€ vielleicht 5% oberhalb von 2000€ und das sind größtenteils studierte Leute aber da kommt dann ein Standesbeamter mit 2600 € Bruttopension einer Anwartschaft in der Krankenversicherung, Vergünstigungen bei Versicherungen und Banken und eines absolut planbaren Lebens. Wir, das Volk, zahlen diese Luxuspensionen mit unserer auferlegten Zurückhaltung. Meiner Meinung nach, ist diese Vorgehensweise Diebstahl am Volk.
Nach dem „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz“ fühle ich mich gegenüber einem Beamten tatsächlich diskriminiert in der Anerkennung meiner Lebensleistung.
Da sollte sich der deutsche Arbeitnehmer ein Beispiel an den Franzosen nehme und etwas streitlustiger sein.
Meine Frage ist aber eigentlich, ob sich überhaupt Jemand dieser sozialen Ungerechtigkeit annimmt.

Normalerweise wäre da die SPD meine erste Adresse. Da aber auch die SPD auf die Zusammenarbeit mit Beamten angewiesen ist wird sich daran vielleicht erst etwas ändern wenn die geburtenstarken Jahrgänge aus den 60´ziger Jahren in Rente gehen und per Wahlentscheid etwas bewirken könnten oder besteht eventuell doch noch Hoffnung auf soziale Gerechtigkeit?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Thomys

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Thomys,

ich bitte Sie zunächst um Entschuldigung; Ihre Frage ist in der Flut der Zuschriften untergegangen. Ich hoffe, meine folgende Antwort hilft Ihnen auch zum jetzigen Zeitpunkt noch weiter.

Bei Beamtenpensionen und Renten ist es – salopp ausgedrückt – ein bisschen, wie mit Äpfeln und Birnen, sie lassen sich nicht ohne weiteres vergleichen. Bei der Beamtenversorgung handelt es sich um eine sogenannte Vollversorgung, die nicht nur die Rente ersetzt, sondern auch die ganz oder teilweise arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung, die die Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes und viele andere Arbeitnehmer, zumindest in Großunternehmen, erhalten. In den alten Bundesländern bekommen über die Hälfte aller Rentner betriebliche Altersrenten zu ihrer gesetzlichen Rente hinzu. Die Höhe der Beamtenversorgung kann schon deshalb nicht mit der Höhe der Rente verglichen werden, weil sie bifunktional ausgestaltet ist. In den Bruttopensionen ist neben der Regelsicherung sozusagen schon eine Betriebsrente enthalten. Daher müsste der Beamtenpension die Gesamtrente, also die Summe von gesetzlicher Rente und Betriebsrente, gegenübergestellt werden.

Dazu kommt, dass viele Beamte das von Ihnen kritisierte Niveau einer Maximalversorgung in Höhe von 71 Prozent aufgrund kürzerer Dienstzeiten (spätere Verbeamtung, Quereinsteiger) nicht erreichen, sondern deutlich darunter bleiben.

Es gibt in der heutigen Rentnergeneration zahlreiche Klein- und Kleinstrenten bei Personen, die nur kurzzeitig (versicherungspflichtig) gearbeitet haben und danach beispielsweise Hausfrau wurden oder als Selbstständige nicht mehr der Versicherungspflicht unterlagen. Beamte müssen in solchen Fällen aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden und werden in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, weshalb es Klein- und Kleinstpensionen zwangsläufig nicht gibt, sondern diese auch noch in Form von Renten anfallen. Und wegen dieser Kleinstrenten, die schon nach Erfüllung der fünfjährigen Wartezeit in der Rentenversicherung gewährt werden, ist die Zahl der Durchschnittshöhe der Altersrenten nur wenig aussagekräftig.

Die unterschiedlichen Statusverhältnisse (Beamte und Tarifbeschäftigte) sind nicht gleichmäßig über die unterschiedlichen Qualifikationen verteilt. Mehr als drei Viertel der Beamten (ohne Soldaten) gehören zu den Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes, nur knapp ein Viertel gehört zu den Laufbahnen des einfachen und mittleren Dienstes.

Nun zur Beitragsbemessungsgrenze: Sie hängt mit der Schutzbedürftigkeit gegenüber Risiken wie Alter, Invalidität oder Tod zusammen. Anknüpfungspunkt für die Rentenversicherungspflicht ist eben diese soziale Schutzbedürftigkeit. Dabei unterliegt Entgelt nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Versicherungspflicht. Durch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze wird der aufgrund der Schutzbedürftigkeit legitimierte staatliche Eingriff in die Verwendung der erzielten Erwerbseinkommen beschränkt. Bei Entgelten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist diese Schutzbedürftigkeit nicht mehr gegeben, ein staatlicher Eingriff in diese höheren Entgelte nicht mehr zu rechtfertigen. Eine stärkere gesellschaftliche Beteiligung sehr hoher Einkommen und Vermögen ist aus meiner Sicht sowohl wünschenswert als auch notwendig, allerdings müsste eine solche Beteiligung dann nicht über die Sozialversicherung, sondern über das Steuersystem realisiert werden.

Abschließend noch der Hinweis, dass die Forderung der Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung sowohl in unserem Grundsatzprogramm als auch im aktuellen Regierungsprogramm enthalten ist. In Letzterem heißt es: „Solidarität in der Alterssicherung bedeutet für uns zudem, dass auch die Selbstständigen, Beamt*innen, freien Berufe und Mandatsträger*innen der gesetzlichen Rentenversicherung angehören. Es ist an der Zeit, die Gesamtheit der Erwerbstätigen in die Rentenversicherung aufzunehmen und die Sondersysteme auf lange Sicht zu überwinden. Wenn es zu einer Zusammenführung der Altersversorgung der Beamt*innen mit der gesetzlichen Rentenversicherung kommt, wird das Gesamtniveau ihrer Alterssicherung nicht reduziert.“

Mit freundlichem Gruß
Sönke Rix

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