Frage an Sönke Rix von Svend J. bezüglich Familie
Lieber Herr Rix,
kurze Fragen: halten Sie - nach der für Familien besonders harten MWSteuererhöhung (die von Ihrer Partei im Wahlkampf noch "Merkelsteuer-das wird teuer" genannt wurde) eine weitere Belastung durch Beschneidung des Ehegattensplittings und der Nichterhöhung des Kindergeldes (die faktisch eine Senkung ist) für vertretbar?
Wissen Sie denn nicht, dass die Kinder erst "richtig" Geld kosten, wenn sie zur Schule gehen?
Wissen Sie , dass in SH die Schulbusbeförderung kostenpflichtig ist und derzeit weiter vertreuert wird?
Wissen Sie, dass wir k e i n e Lernmittelfreiheit haben?
Wissen Sie, was es kostet, wenn man 3 Kinder in einem Jahr auf Klassenfahrt fahren lassen muss (die Lehrer- A13-A15 Beamte sagen "ja" zu 400-500€/Kind!)?
Wissen Sie, wie eine Familie mit Schulkindern zur Ader gelassen wird? Wird das alles noch verstärkt von den SPD-Finanzierungsplänen der Krippenplätze ? Ist das Familienpolitik, die ausgewogen ist, die breiten Schultern mehr auflastet, als schmalen?
Für Ihre Antworten vorab vielen Dank.
MfG
Svend Jacobsen
Sehr geehrter Herr Jacobsen,
ein großes Ziel, das die große Koalition im Koalitionsvertrag formuliert hat, ist der Ausbau der Kindertagesbetreuung auf bundesweit 230.000 zusätzliche Plätze bis 2010. Dieser Ausbau wurde mit dem Kindertagesbetreuungsausbaugesetz bereits in der letzten Legislaturperiode von der rot-grünen Koalition beschlossen und die Finanzierung wurde sichergestellt.
Die Diskussion der letzten Wochen ging jedoch weiter: Sowohl die Familienministerin als auch meine Fraktion sind der Meinung, dass 230.000 zusätzliche Plätze nicht dem realen Bedarf entsprechen und es in Zukunft ein größeres Angebot geben muss. Darüber hinaus sehen wir in der frühen Förderung, die in der Kindertagesstätte die Erziehung der Eltern ergänzt und Bildungsangebote über das Elternhaus anbietet, einen Schritt in Richtung Chancengleichheit für alle Kinder. Zudem unterstützt ein gutes Betreuungsnetz die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die heute für viele Familien nicht nur wünschenswert sondern dringend notwendig ist.
Ich habe die Debatte der letzten Wochen sehr begrüßt, weil sie vor allen Dingen auch einmal die Vielfalt der unterschiedlichen Familienmodelle in den Vordergrund gerückt hat.
Die SPD hat zügig ein Finanzierungsmodell vorgelegt, das ich im Großen und Ganzen unterstütze. Jedoch halte ich den Ansatz, eine Kindergelderhöhung auszusetzen, um die freiwerdenden Mittel in die Kindertagesbetreuung zu investieren, für falsch. Denn das würde natürlich – wie Sie richtig feststellen – eine Benachteilung der Eltern bedeuten, die heute schon Schulkinder haben.
Deshalb darf es ein Gegeneinanderausspielen von direkten Leistungen und dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen nicht geben. Sollte Geld fehlen, um sowohl ein angemessenes Kindergeld als auch eine umfassende Betreuung ab dem 2. Lebensjahr sicherzustellen, müssen die Mittel auch aus anderen Quellen kommen. Eine Änderung des Ehegattensplittings sehe ich hier als richtigen Ansatz, weil davon eben nicht nur Familien profitieren. Ehepaare ohne Kinder werden bisher über die Maßen und stärker als Familien mit Kindern entlastet. So setzt das Ehegattensplitting schon grundsätzlich die falschen Anreize.
Ich hoffe, dass die weitere Diskussion um die Finanzierung der Kindertagesbetreuungsplätze uns zu einer guten Lösung führen wird, in der die Familien mit Kindern unterschiedlicher Altersgruppen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Zum Thema Schülerbeförderung: Der SPD-Kreisverband Rendsburg-Eckernförde, dessen Vorsitzender ich bin, hat auf seinem Parteitag am vergangenen Wochenende einen Antrag zu Schülerbeförderung einstimmig angenommen, in dem wir uns für die Entlastung der Eltern bei der Finanzierung der Schülerbeförderung einsetzen.
Ein paar Worte noch zu der von Ihnen angesprochenen Mehrwertsteuererhöhung: Wir haben in unserem Wahlmanifest zur Bundestagswahl 2005 dargestellt, warum wir gegen die von CDU und CSU geforderte Mehrwertsteuererhöhung sind und haben gleichzeitig deutlich gemacht, wie wir uns ein gerechtes Steuersystem und die notwenige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte vorstellen.
Die SPD hat bei der Bundestagswahl dafür keine Mehrheit bekommen. Ich hätte gerne mit den Grünen und der FDP über eine Koalition verhandelt. Vielleicht hätten wir so die Mehrwertsteuererhöhung verhindern können, aber die FDP hat sich vor der Verantwortung gedrückt und sogar Vorgespräche über eine so genannte Ampelkoalition verweigert.
So blieb nur die große Koalition aus SPD, CDU und CSU, die sich kaum jemand gewünscht hat. Der Koalitionsvertrag, den wir beschlossen haben, verlangt den Parteien, ihren Mitgliedern, ihren Abgeordneten und selbstverständlich und in erster Linie auch ihren Wählern schmerzhafte Kompromisse ab. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer gehört leider dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Rix