Frage an Sönke Rix von Hedwig H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Rix,
in Ihrer Funktion als Mitglied des Verbraucherschutzausschusses frage ich Sie, ob in Arzneien, Therapeutika etc. die Verwendung von menschlichen Körperbestandteilen (Geweben) ausdrücklich gekennzeichnet ist bzw. gekennzeichnet werden muss?
Die Menschheit bewies seit jeher bizarren Erfindungsreichtum, auch was die Verarbeitung der Körper anging, so dieser Artikel in der Welt https://www.welt.de/geschichte/article192138161/Todesstrafe-Fett-von-Hingerichteten-begehrtes-Mittel-gegen-Rheuma.html .
"..den Delinquenten beispielsweise nach ihrem Tod Körperfett entnommen. Es galt, wie der Historiker Peter Schuster in seiner „Geschichte des Tötens“ über „Verbrecher, Opfer, Heilige“ schreibt, als „wirksames Mittel gegen Rheuma und Hautkrankheiten“. In die gleiche Kategorie fallen Essenzen aus „Schädelmoos“, wozu etwa Haare und Fingernägel gerechnet wurden. Auch den Händen Hingerichteter schrieb man magische Wirkungen zu. Diebe führten die mit Salz und Urin konservierten Extremitäten bei sich, um sozusagen wie von Zauberhand Türen zu öffnen."
Ich möchte unter keinen Umständen mit irgendwelchen heutigen Therapeutika oder Medikamenten etc. in Berührung kommen, die aus Menschen hergestellt wurden.
Gibt es eine Onlinedatenbank über die Informationen dazu abgerufen werden können?
Müssen Mediziner den Patienten auf diese Dinge hinweisen bzw. ist eine gesetzliche Hinweispflicht von Ihrer Seite aus geplant?
Besten Dank.
Mit freundlichen Grüßen
H. H.
Sehr geehrte Frau H.,
Arzneimittel aus menschlichen Geweben und Zellen kommen immer häufiger zum Einsatz. Blut und Gewebe gelten als Arzneimittel humanen Ursprungs, zu Geweben zählen Knochen, Knorpel, Stammzellen aus Knochenmark, Samenzellen, aber auch Haut, Nerven, Herzklappen und Augenhornhäute von Toten. In freier Wildbahn, also frei verkäuflich in Apotheken, werden Sie solchen Arzneimitteln aber nicht begegnen.
Die Gewebe unterliegen der Arzneimittelüberwachung, den Umgang mit menschlichen Geweben und Zellen sowie mit medizinischen Präparaten, die aus menschlichem Gewebe hergestellt wurden, regelt seit 2007 das so genannte Gesetz über Qualität und Sicherheit von menschlichen Geweben und Zellen (Gewebegesetz). Das Gewebegesetz führte 2007 auch zu zahlreichen Ergänzungen in einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, zum Beispiel dem Transplantationsgesetz, dem Arzneimittelgesetz, der TPG-Gewebeverordnung sowie der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung.
Im Vordergrund der öffentlich geführten Debatten zu diesem Thema geht es in erster Linie um die Frage, wie und von wem solche Gewebespenden entnommen werden können. Weniger geht es darum, wie Patienten vor solchem Material „geschützt“ werden können.
Für ihre Frage ist der entscheidende Punkt, dass kein ärztlicher Eingriff ohne die Einwilligung des Patienten erfolgen darf. Voraussetzung für die Einwilligung ist, dass der Patient über genügend Informationen verfügt, um Bedeutung, Risiko und Alternativen einer Behandlung abschätzen zu können. Hierzu ist die umfassende Aufklärung durch den Arzt erforderlich. Aufklären muss der Arzt den Patienten über jeden medizinischen Eingriff und jede Medikation und sei sie noch so klein. Das Recht, als informierter Patient selber entscheiden zu können, ob die Behandlung gewollt ist und sie auch gegen jeden medizinischen Rat abzulehnen, folgt aus dem grundgesetzlich geschützten Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Da bei muss dem Patienten auch stets die Möglichkeit eingeräumt werden, Fragen zu stellen, die der Arzt wahrheitsgemäß beantworten muss.
In Notfällen ist eine Aufklärung natürlich nicht immer möglich, da nicht jeder Patient ansprechbar und entscheidungsfähig ist. Wenn Sie z.B. auch die Gabe von Blut oder Blutbestandteilen ablehnen, sollten Sie dies unbedingt z.B. in einer Patientenverfügung festlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Rix