Frage an Sönke Rix von Tabea S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Rix!
Sie sind Mitglied im Familienausschuss.
Vor ca. zwei Jahren habe ich erfahren, daß ein entfernter Verwandter von mir über Jahre hinweg Opfer von schwerer physischer Gewalt durch seine Partnerin geworden ist. Er selber - obwohl physisch stärker - hat sich niemals gewehrt. Ich konnte das anfangs kaum glauben, habe mich jedoch zwischenzeitlich über dieses Thema informiert.
Das Familienministerium hat im Jahre 2004 eine Pilotstudie zum Thema "Gewalt gegen Männer" herausgegeben. Die Ergebnisse waren für viele überraschend:
im häuslichen Bereich werden Männer genauso häufig und genauso schwer Opfer von Gewalt durch ihre Partnerin wie umgekehrt, im öffentlichen Bereich werden Männer häufiger Opfer von Gewalt.
http://www.gewalt-gegen-maenner.de
Die Studie kommt zu dem Schluß,
daß weitere, umfassendere Studien und Forschungen zu diesem Thema notwendig sind
daß die Öffentlichkeit über dieses Thema informiert werden soll
daß Beratungs- und Hilfsangebote für Betroffene einzurichten sind.
Meine Fragen an Sie:
1. Was haben Sie und Ihre Partei und seither unternommen, um den Ergebnissen dieser Studie gerecht zu werden?
2. Halten Sie es für richtig, daß Ihre Partei beim Thema "Häusliche Gewalt" ausschließlich von Gewalt von Männern gegen Frauen sprechen, obwohl Ihre die o.g. Studie (und zahlreiche weitere!) bewiesen haben, daß häusliche Gewalt von Frauen gegen Männer genauso häufig und schwer ist?
Es geht mir nicht darum, hier männliche Gewalt gegen weibliche aufzuwiegen, ganz im Gegenteil: Jeder Fall ist einer zuviel. Aber mein Verwandter hat damals solange stillgehalten, weil er glaubte, es würde ihm sowieso niemand glauben. Und genauso ist es gekommen, als er sein Schweigen gebrochen hat: Polizei, Jugendamt, Bekannte, auch ich hatten Mühe, das zu glauben. Aufklärung tut Not, bitte setzen Sie sich dafür ein!
Mit freundlichen Grüßen
Tabea Schüle
Sehr geehrte Frau Schüle,
um ehrlich zu sein: Mit der Pilotstudie des BMFSFJ und der Problematik "Gewalt gegen Männer" habe ich mich bislang nicht auseinandergesetzt.
Nach Rücksprache mit meinen Fachkolleginnen und -kollegen, kann ich Ihnen mitteilen, dass wir hier weiteren Forschungsbedarf sehen. Die vorliegende Pilotstudie bietet nicht genügend Daten, um darauf aufbauend gesetzgeberische Konsequenzen zu ziehen.
Gesetzliche Maßnahmen zum Schutz von Opfern wurden in den letzten Jahren allerdings trotzdem verabschiedet, wie bspw. das 2. Opferschutzreformgesetz, das am 1.Oktober in Kraft tritt. Es soll Opfer und Zeugen von Straftaten noch besser schützen und ihre Rechte im Strafverfahren erweitern.
Mit dem Gewaltschutzgesetz, das seit Januar 2002 in Kraft ist, wurden zentrale rechtliche Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt im Allgemeinen und häuslicher Gewalt im Besonderen geschaffen. Insbesondere ist der Grundsatz "Wer schlägt, muss gehen - das Opfer bleibt in der Wohnung" jetzt umfassend in unserem Recht verankert. Und selbstredend gelten diese Gesetze völlig unabhängig vom Geschlecht des Opfers.
Sie haben sicher recht, wenn Sie anmerken, dass dieses Thema einen größeren Raum in der Öffentlichkeit einnehmen muss, nicht zuletzt, um den Opfern Glaubwürdigkeit zu verleihen. Aufgrund Ihrer Anfrage werde auch ich dieses Thema mehr in den Blick nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Rix