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Silvia Schmidt
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Frage von Robert S. •

Frage an Silvia Schmidt von Robert S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Schmidt,

wenn Sie wie in Ihrer Antwort auf Herr Erholdt´s Frage schreiben sich für Mindestlöhne einzusetzen, warum haben Sie dann im Bundestag dagegen gestimmt?
Das ist wieder jedem Verständniss.
Wenn Ihr Abstimmungsverhalten von Ihnen ideologisch begründet wird (z.B. mit den Linken könne man keine Politik machen) und nicht an der Sache orientiert (eben der einführung von Mindestlöhnen), haben Sie Ihre Glaubwürdigkeit m. M. nach verspielt.

Weiterhin würde ich gerne wissen wollen warum Sie der Rente mit 67 zugestimmt haben, obwohl es eine sehr hohe Zahl an älteren Arbeitslosen gibt und die Integration älterer Arbeitsloser nahezu unmöglich ist. Fragen Sie mal die Menschen ob sie für oder gegen die Rente mit 67 sind und sie werden Feststellen, das Sie gegen den Volkswillen gestimmt haben.

MfG

R. Schubert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schubert,

zunächst vielen Dank für Ihre Fragen. Beide möchte ich im Folgenden gern
beantworten.

1. Mindestlöhne

Die SPD will flächendeckende Mindestlöhne - das ist eine Tat
sache, die durch unsere von Parteitagen beschlossene Programmatik für Jedermann nachvollziehbar ist. Jede demokratische Kraft muss sich in Deutschland an den Mehrheitsverhältnissen ausrichten, die durch Wahlergebnisse diktiert werden. Daran können wir nicht vorbei! So mussten wir statt einer Fortsetzung von Rot-Grün eine Große Koalition eingehen. Ich bin der Auffassung, dass wir viel erreicht haben undgleichzeitig aufgrund der programmatischen Unterschiede auch einiges liegen geblieben ist.

Dazu gehörten bis 2007 auch die von uns immer wieder geforderten gesetzlichen Regelungen für Mindestlöhne. Die Union wollte sich hier nicht überzeugen lassen und hat mit Koalitionsbruch gedroht, sollten wir die Mindestlöhne trotzdem gesetzlich voranbringen. Die Debatte um die Unterschriftensammlung ist uns allen noch gut im Gedächtnis. Zugegebenermaßen war das Manöver der Linkspartei, unsere eigenen Schriften als Antrag in den Deutschen Bundestag einzubringen ein guter taktischer Schachzug. Er war aber kein inhaltlich tragfähiger Vorstoss, weil jeder weiß, dass die SPD keine Regierung zu Fall bringt und Neuwahlen riskiert. Es ist die Aufgabe einer Volkspartei, für politische Stabilität einzustehen. Das haben wir getan, und nach einer schweren Abwägung in unserer Partei gegen den Antrag der PDS gestimmt. Jede andere Entscheidung hätte uns Neuwahlen beschert, die unter Umständen wiederum zu unklaren Mehrheitsverhältnissen geführt hätten inklusive beschädigtem Vertrauen zwischen den großen Volksparteien.

So entstand der scheinbare Widerspruch zwischen unserer öffentlichen Forderung nach Mindestlöhnen und der Verhinderung derselben im Deutschen Bundestag. Politik ist leider nicht nur eine Frage von Inhalten, sondern muss auch die Grundfesten unseres Staates im Auge behalten. Der Parteienstreit darf nicht dazu führen, dass die Stabilität unserer Grundordnung bedroht wird. Daher stehe ich auch weiter zu meiner Entscheidung, gegen den Antrag der PDS gestimmt zu haben. Gleichzeitig sind wir weiterhin damit beschäftigt, Mindestlöhne im Rahmen der Koalition durchzusetzen. Mit der Öffnung einiger Branchen für das Entsendegesetz haben wir diesen Effekt erzielt. Auch die tariflichen Mindestlöhne im Postbereich sind ein Erfolg. Solange eine gesetzliche Regelung politisch nicht möglich ist, bemühen wir uns weiter um Alternativen zur Sicherung eines Mindestlohns. Denn unser Leitspruch ist weiterhin: für gute Arbeit müssen auch auskömmliche Löhne gezahlt werden! Auch wenn unter den gegebenen Umständen bei weitem nicht alles als das "Gelbe vom Ei" bezeichnet werden kann, denke ich doch, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

2. Rente mit 67

Natürlich verstehe ich, dass niemand eine Erhöhung seiner Lebensarbeitszeit subjektiv begrüßen wird. Schon gar nicht, wenn er arbeitslos ist oder Sozialhilfe erhält und wenige Aussicht auf einen Job hat. Dafür habe ich volles Verständnis! Deshalb versucht die SPD auch, Mindestlöhne einzuführen und die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse zu reduzieren. Gleichzeitig müssen wir Politiker aber auch die Gesamtheit im Auge behalten - dafür bekommt man aufgrund der subjektiven Interessen natürlich keinen Beifall.

Über den demographischen Wandel reden viele Experten und Politiker seit vielen Jahren - getan hat sich bisher wenig. Unsere Renten-, Pflege- und Krankenkassen müssen immer größere Lasten schultern. Nun machen die das nicht aus eigener Kraft, sondern finanzieren ihre Leistungen aus den Beiträgen der Versicherungsgemeinschaft. Gerade die Deutsche Rentenversicherung ist seit Jahren stark belastet und musste umgestellt werden. Schon seit vielen Jahren werden Zuschüsse aus dem Steueraufkommen genutzt, um die Rente sicher zu machen. Ein System, dass in Zeiten der Vollbeschäftigung und des Überhangs junger Menschen errichtet wurde, kann daher nicht mehr funktionieren, wenn jahrelange Massenarbeitslosigkeit und ein stetiger Anstieg der Leistungen und der Leistungsberechtigten dominieren.

Die Rente mit 67, das bestätigen alle Experten, war ein notwendiger Schritt. Dass dies gerade für ältere Arbeitslose auch schmerzlich ist, kann ich nachvollziehen. Im Interesse der Gesamtbevölkerung blieb aber keine andere Wahl.

Über Jahre haben wir über unsere Verhältnisse gelebt und Schulden auf die nachkommenden Generationen abgeladen. Damit muss Schluss sein und dazu müssen alle ihren Teil beitragen. Die Rente mit 67 ist sozialverträglich ausgestaltet, denn die jetzigen 50er betrifft es weniger als die jüngeren Menschen. Es bleibt uns also Zeit dafür, die Integration älterer Menschen in den Arbeitsmarkt zu forcieren und mehr Geld zu investieren, um diesen Menschen Perspektiven zu geben. Politik kann nicht dabei stehen bleiben, dass ältere immer weniger Platz im Arbeitsmarkt haben - wir tun im Gegenteil aktiv etwas dafür dies zu ändern. Wenn wir künftig bis 67 arbeiten sollen, dann müssen wir rechtzeitig dafür sorgen, dass die Arbeitsplätze auch so aussehen, dass das möglich ist. Dabei wollen und dabei werden wir helfen. Wir kümmern uns mit der Initiative 50plus des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ja schon jetzt darum, dass Ältere eine Chance haben, länger im Job zu bleiben bzw. leichter wieder reinzukommen. Wir haben bereits gute Erfolge erzielt. Immerhin mehr als jeder zweite über 55 ist heute wieder in Arbeit, während es vor zehn Jahren nur etwas mehr als jeder Dritte war. Da ist eine gute Bewegung drin, die wir weiter unterstützen wollen.

Zudem gibt es entgegen dem üblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit im Februar einen Rückgang von Januar auf Februar um 42.000 auf 3.617.000. Im Vergleich zum Vorjahr sind damit 630.000 weniger Menschen arbeitslos. Besonders positiv: Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen nimmt kontinuierlich ab. Die Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt zu. Insgesamt sind das sehr erfreuliche Nachrichten, die doch Mut machen.

Mit freundlichen Grüßen
Silvia Schmidt, MdB