Frage an Silvia Lehmann von Helmut E. bezüglich Recht
Das von der Bundesregierung beschlossene Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht erfüllt mich mit größter Sorge. Werden Sie sich als künftige Abgeordnete für eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfes einsetzen und durch eine weitere Reform die neu eingeführten Eingriffe in die Freiheitsrechte wieder entschärfen?
Warum mich das Gesetz mit größter Sorge erfüllt?
Die im Gesetz vorgeschlagenen Verschärfungen bezüglich der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams greifen stärker denn je in die Freiheitsrechte der betroffenen Personen ein. Die Verschärfungen berühren insbesondere das im Grundgesetz verankerte Recht auf Freiheit der Person. Der Freiheitsentzug einer Person ist die schärfste Maßnahme eines Staates gegenüber den Menschen auf seinem Staatsgebiet und hat deshalb stets ultima ratio zu sein. Die Inhaftierung zum Zweck der Migrationskontrolle ist daher immer die Ausnahme und das letzte Mittel.
Der Gesetzesentwurf weitet die Möglichkeit zur Inhaftnahme so weit aus, dass die Verhältnismäßigkeit in Frage steht; deutlicher gesprochen ist der durch den Entwurf normierte Abschiebehaftgrund uferlos, indem auf die bloße Gefährlichkeit der Person abgestellt wird (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzesentwurfes). Verstärkend wird im Gesetzentwurf die allgemeine Gefährlichkeit der betroffenen Person mit einer „Fluchtgefahr“ gleichgesetzt (Art. 1 Nr. 2 lit. b des Gesetzesentwurfes). Die Argumente zur Begründung dieser Regelungen überzeugen im Einzelnen nicht. Insgesamt gesehen zeigt sich am Gesetzesentwurf so das Problem, dass „Abschiebungshaftrecht“ mit Gefahrenabwehrrecht vermischt wird.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erst vor kurzem betont, dass Haftgründe „ausdrücklich normiert“ sein müssten. Dem Anspruch Ausdrücklicher Normierung wird der Gesetzesentwurf mit der Einführung einer derartigen Pauschalklausel nicht gerecht.
Sehr geehrter Herr E.,
Auch ich betrachte solche Vorhaben mit Sorge.
Das Gesetz bedient vor allem eine allgemeine Abschiebestimmung. Damit befördert es auch eine feindliche Stimmung gegenüber den Schutzsuchenden. Ganz abgesehen davon, dass Asylbewerber ihrer Rechte beraubt und ihnen ihre Würde genommen wird, trägt der Gesetzentwurf dazu bei, dass sich die Situation eher verschärft. Der Paritätische Gesamtverband dazu: „Er vermischt in unzulässiger Weise straf- sowie polizei- und ordnungsrechtliche mit aufenthaltsrechtlichen Aspekten“. Dem stimmen wir zu und lehnen den Gesetzentwurf in der vorgelegten Fassung ab.
Herzliche Grüße,
Silvia Lehmann