Frage an Sigrid Beer von Alexandra S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Frau Beer,
am 14.01.14 habe ich bei wdr5 verfolgt, dass eine Klage des Humanistischen Verbands NRW beim OVG Münster zur Einführung von Lebenskunde als Alternative zum Religionsunterricht zurückgezogen wurde, da der Verband die geforderten Mitgliedszahlen nicht vorweisen wollte oder konnte.
Ich, und wahrscheinlich viele andere Konfessionslose, hatten gehofft, dass es durch dieses Urteil möglich sein wird unseren Kindern eine Alternative zum Religionsunterricht anzubieten. Leider ist dies nun immer noch nicht der Fall. Praktische Philosophie wird leider, wenn überhaupt, erst ab der Sekundarstufe angeboten. Bis dahin haben viele Kinder in NRW nur die Möglichkeit zwangsweise am Religionsunterricht teilzunehmen oder durch dürftige Betreuungsmodelle (vorm Lehrerzimmer warten, in einer anderen Klasse hinten Zeit absitzen) die Stunde abzusitzen.
Wie kann es denn sein, dass es möglich ist, dass für 4386 alevitische SchülerInnen oder 1442 jüdische Schülerinnen jeweils ein eigener Unterricht angeboten wird, die Interessen der über 359000 Konfessionslosen aber überhaupt keine Beachtung finden? (Quelle: http://www.schulministerium.nrw.de/docs/bp/Ministerium/Service/Schulstatistik/Amtliche-Schuldaten/StatUebers379-Quantita2012-2013.pdf )
Meine Frage daher an Sie: unterstützen Sie ein alternatives Religionsangebot für Konfessionslose, auch für Grundschulkinder? Gibt es Pläne in diese Richtung, dass hier ein Angebot geschaffen wird?
Über eine Antwort freue ich mich sehr!
Mit freundlichen Grüßen
Alexandra Schwarz
Sehr geehrte Frau Schwarz,
die bestehenden Regelungen zum Religionsunterricht berücksichtigen nicht ausreichend den Umstand, dass die Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler heute erheblich anders ist, als zu dem Zeitpunkt, als die Regelungen eingeführt wurden.
Bislang wurde in zwei Richtungen darauf reagiert: Einerseits wurde auch Religionsunterricht für andere Bekenntnisse eingerichtet. NRW ist das erste Land, das einen islamischen Religionsunterricht einführte. Es ist uns als Zeichen der Integration wichtig und zudem möchten wir mit einem islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache, von in Deutschland ausgebildeten Lehrkräften und nach einem vom Ministerium verantworteten Curriculum eine wirkliche Alternative zu Koranschulen bieten.
Andererseits wurde das Fach Praktische Philosophie für die Sekundarstufe I eingerichtet und ausgebaut. Ich bin überzeugt, dass alle Schülerinnen und Schüler Kenntnisse über Ethik, Verantwortung und Anschauungen vermittelt bekommen sollten - und nicht nur die mit Bekenntnis. Das entspricht dem Erziehungsauftrag der Schule nach der Landesverfassung und dem Schulgesetz. Das gilt grundsätzlich auch für die Kinder in der Grundschule. Deshalb geht ihre Anregung oder Forderung in die richtige Richtung. Allerdings kann nicht einfach der Unterricht der praktischen Philosophie auf die Primarstufe übertragen werden. Ich bin in Gesprächen mit Expertinnen und Experten, Verbänden und Initiativen darüber, wie ein solcher Unterricht in der Grundschule aussehen könnte und müsste.
Mit freundlichen Grüßen
Sigrid Beer