Frage an Sigrid Beer von Horst-Peter H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Beer,
Wie stehen sie zum Bau und der geplanten Inbetriebnahme der von CO-Pipeline, die die Bayer AG mitten durch Wohngebiete hat verlegen lassen?
Mit freundlichen Grüßen
Horst-Peter Horn
Sehr geehrter Herr Horn,
ich danke für Ihre Anfrage.
Die Grünen haben in einem Antrag im Dezember 2009 ihre Haltung zur CO-Pipeline noch einmal formuliert.
Die CO-Pipline enthält nach unserer Auffassung tödliche und nicht vollständig beherrschbare Risiken für die Anrainer. Auch konnte der Nachweis des Gemeinwohls der CO-Pipeline nicht erbracht werden. Wie sich mittlerweile sukzessive herausgestellt hat, hat BAYER darüber hinaus vielfach und wiederholt nachweislich mit Wissen und Wollen gegen Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses verstoßen.
Als Beispiele seien genannt:
- Bauausführung trotz fehlender Kampfmittelfreigabe
- zahlreiche Verstöße gegen den umfangreichen Planfeststellungsbeschluss
- Lageverschiebung der Trasse in Teilbereichen
- Verwendung von Rohren mit reduzierter Rohrwandstärke
- Einsatz einer Geogridmatte mit reduzierter Breite
- umfangreiche, ergänzende Planfeststellung ohne öffentliche Beteiligung
- Jahre nach Projekt- und Baubeginn ist der Alarm- und Gefahrenabwehrplan immer noch nicht genehmigt.
In zwei wichtigen Beschlüssen haben das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf erhebliche Mängel und Bedenken gegen die CO-Pipeline, den Bau und die durchgeführten Genehmigungs-Verfahren dokumentiert.
Das Oberverwaltungsgericht hatte bereits am 17. Dezember 2007 (Az.: 20 B 1586/07 und 20 B 1667/07) die Inbetriebnahme der CO-Pipeline untersagt, insbesondere mit der Begründung, dass eine überzeugende Darstellung der Bedeutung, die die von der Firma, einem privaten Unternehmen, betriebene Rohrleitungsanlage für die Allgemeinheit habe, fehle, um den staatlichen Zugriff auf das Eigentum Dritter zu rechtfertigen. Es sei auch fraglich, ob der erstrebte positive Effekt für die Allgemeinheit, also vorrangig die Stärkung der Wirtschaftskraft der Industriesparte und der Region, für die Zukunft hinreichend abgesichert sei. Klärungsbedarf bestehe auch hinsichtlich der Entscheidung für die planfestgestellte Trasse, insbesondere hinsichtlich des Verzichts auf eine linksrheinische Trassenführung und der Bedeutung einer angestrebten gemeinsamen Verlegung mit anderen geplanten Leitungen.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat (Az.: 3 L 404/09) mit Beschluss vom 26. Mai 2009 den Antrag der Firma Bayer Material Science AG auf Inbetriebnahme der bereits weitgehend fertig gestellten CO-Pipeline abgelehnt. Damit bleibt deren Betrieb weiterhin untersagt. Nach eingehender Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren war das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Sicherheitslage durch die Änderungsbescheide der Bezirksregierung Düsseldorf vom 2. und 3. März 2009 nicht verbessert, sondern verschlechtert hat, weil nach deren Inhalt z.B. das ursprünglich vorgesehene oberflächennahe Warnband entfällt, die Breite der sog. Geo-Grid-Matten von den ursprünglich 80 cm auf nunmehr 60 cm und die Rohrwandstärke an verschiedenen Stellen von 6,3 mm auf 5,6 mm reduziert wurden. Hierdurch sei das Sicherheitsniveau der Pipeline entscheidungserheblich abgesenkt worden.
Die Grünen haben vor dem Hintergrund dieser aktuellen Vorkommnisse und der Diskussion um den Industriestandort gefordert, dass der Landtag die Menschen einer ganzen Region endlich ernst nehmen und das Projekt CO-Pipeline sofort beenden muss.
Zum Erhalt der Arbeitsplätze in Dormagen und Uerdingen müssen die technischen Anlagen an diesen Standorten für die Herausforderungen der Zukunft zu ertüchtigt werden, so dass an beiden Standorten separat das dort jeweils entstehende CO unmittelbar verarbeitet werden kann.
Die Behauptung, dass nur kleine lokale Gruppen und Kommunalpolitiker besorgt seien, ist falsch. Nicht nur alle Bürgermeister der zehn Städte des Kreises Mettmann, der Landrat des Kreises Mettmann sowie alle Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Mettmann stehen dieser falschen Behauptung entgegen, sondern darüber hinaus inzwischen rund 103.000 Bürger, die mit ihrer Unterschrift ihre Ablehnung der CO-Leitung dokumentiert haben.
Die Sicherheit der von Industrieanlagen betroffenen Menschen darf nicht geopfert werden. Wer verlässliche Rahmenbedingungen fordert, muss sich zuerst einmal selber an die rechtlichen Rahmenbedingungen halten.
Tödlich giftiges Gas, wie CO, muss am Entstehungsort verarbeitet werden - in keinem Fall gehört es in eine Leitung, die durch Wohngebiete, Schulgelände und Kindertagesstätten geführt wird.
Sigrid Beer MdL