Frage an Siemtje Möller von Herbert B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Hallo Frau Möller,
wie stehen Sie dazu, dass in dem von Ihnen befürworteten Koalitionsvertrag für wissenschaftliche Mitarbeiter von Geisteswissenschaften an den deutschen Hochschulen keinerlei Verbesserungen bei der Befristung von Arbeitsverträgen vorgesehen sind.
Wie stehen Sie dazu, dass Geisteswissenschaften an den deutschen Hochschulen nur noch sekundär unterstützt werden.
Stehen diese Menschen nicht im Focus Ihrer Arbeit im Bundestag oder sind Geisteswissenschaften im Land der Dichter und Denker für die SPD nicht mehr wichtig.
Mit freundlichen Grüßen
H. B.
Sehr geehrter Herr Büttner,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen nachfolgend gerne beantworte.
Aus meiner Sicht benennen Sie zutreffend ein zentrales Problem hinsichtlich der Beschäftigungsverhältnisse an deutschen Hochschulen.
Prekäre Beschäftigung von wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, unabhängig von der jeweiligen Fachrichtung, halte ich für Hindernis auf dem Weg zu internationaler Spitzenforschung.
Um prekäre Beschäftigungsverhältnisse für viele der 200.000 beschäftigten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und zahlreiche weitere Beschäftigte an deutschen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen (wie beispielsweise die Helmholtz Gemeinschaft) einzudämmen, haben wir in der letzten Legislaturperiode das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) geändert. Mit der Reform, die am 17. März 2016 in Kraft getreten ist, unterbinden wir zukünftig unsachgemäße Kurzverträge in der Wissenschaft.
In der Promotions- und Postdoc-Phase müssen nun Verträge an das angestrebte Qualifizierungsziel gekoppelt werden. Konkret heißt das: Verträge mit Doktorandinnen und Doktoranden müssen für den gesamten Zeitraum der Promotion gelten. Abgesehen von einigen fächerspezifischen Ausnahmen sind dies mindestens drei Jahre. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die für ein Drittmittelprojekt arbeiten, müssen außerdem nun Verträge haben, die der gesamten bewilligten Projektlaufzeit entsprechen.
Weitere Aspekte der Reform des Wissenschaftszeitgesetzes entnehmen Sie folgendem Flyer: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/web_fb_wissenschaftszeitvertragsgesetz_6_042016_0.pdf
Wir sind überzeugt, mit der Reform des Gesetzes den Befristungstrend in der Wissenschaft bremsen zu können. Trotzdem werden wir die Entwicklung weiter kritisch begleiten und im Jahr 2020 evaluieren. Sollte sich die erwünschte Veränderung wider Erwarten nicht einstellen, werden wir weitere Maßnahmen in der jetzigen Legislaturperiode in den Blick nehmen. Dies haben wir auch im Koalitionsvertrag verankert, den wir mit der CDU/CSU verhandelt haben (S. 33). Außerdem haben wir beschlossen (S. 36), die Ziele und Instrumente des Paktes für Innovation und Forschung, der die Förderung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie bspw. die Helmholtz Gemeinschaft regelt, insbesondere zum Transfer, zur Gleichstellung, zur Nachwuchsförderung und zur Kooperation mit Hochschulen, weiterzuentwickeln und über die Fortschritte jährlich zu berichten. So können auch in Zukunft Missbräuche besser bekämpft werden.
Weiterhin haben wir im Koalitionsvertrag eine Erweiterung der Förderung der Geistes- und Sozialwissenschaften hinsichtlich wissenschaftsgetriebener und grundlagenorientierter Forschungsprojekte vereinbart (S. 36). Dort soll die Forschung zu Migration, Integration und zu gesellschaftlichem Zusammenhalt, zu Demokratie und Frieden, zu Konfliktursachen und -bewältigungsstrategien und die Förderung der kleinen Fächer im Fokus stehen. Dies ist meines Erachtens ein guter Ansatzpunkt, um die Geisteswissenschaften an deutschen Hochschulen zu stärken. Für die SPD haben die Geisteswissenschaften im „Land der Dichter und Denker“ nach wie vor eine wichtige gesellschaftspolitische Bedeutung.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Anfrage damit angemessen beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Siemtje Möller