Frage an Sibylle Schmidt von Konstantin G. bezüglich Familie
Liebe Frau Schmidt,
ich habe Fragen zu 3 Themenbereichen.
FLÜCHTLINGE
Egal, wie man zur „Flüchtlingskrise“ steht: Es gibt zB. Syrer aus der Demokratiebewegung, die in ihrer Heimat Folter, Inhaftierung, Verfolgung durch das Assad-Regime oder den IS befürchten müssen. Häufig bekommen sie hier dennoch keinen Flüchtlingsstatus mehr, sondern nur „subsidiären Schutz“. Für den ist Familiennachzug derzeit ausgesetzt.
Mir ist der Fall eines Vaters bekannt, der seine Heimat über Nacht verlassen und Frau und 3 Kinder (w9, w7, m4) zurücklassen musste. Nun ist die Ehefrau in Syrien verschleppt und ermordet worden. Der Vater kann unmöglich zurück, er würde festgenommen oder getötet. Befürworten Sie – auch als Mutter – in solchen Fällen den Familiennachzug der Kinder, solange der Krieg in Syrien anhält?
WOHNRAUM
Im Wahlprogramm der Berliner AfD steht: „Beschlagnahmung leer stehenden Wohnraumes ist nicht mit dem Eigentumsrecht vereinbar und wird deshalb von uns abgelehnt.“
Teilen Sie diese Meinung? Sie selbst sehen auf eine Biografie zurück, in der die Umnutzung leerstehenden Wohnraums zu Kulturzwecken, für Wohnprojekte, Jugendhilfe usw. alltäglich war.
„Eigentum verpflichtet“, sagt das Grundgesetz. Befürworten Sie Hausbesetzungen oder Wohnraumbeschlagnahmung als letztes Mittel, um angesichts des Wohnraumnotstandes Abhilfe zu schaffen?
SEXISMUS
„Wir stehen auf Bikinis“, bekennt die AfD auf einem Wahlplakat – und wirbt mit den halbentblößten Hinterteilen offensichtlich sehr junger Mädchen.
Halten Sie dieses Plakat für legitim, oder ist es eine Erniedrigung des weiblichen Körpers, der für Werbezwecke sexualisiert und zur Schau gestellt wird?
Wie fühlen Sie als Frau sich in einer Partei, die mit Frauenpopos auf Stimmenfang geht?
Ich freue mich auf Ihre Antworten; Ihr K. G.
Lieber Konstantin,
meine Mutter floh über die zugefrorene Ostsee. Flüchtlingstrecks vergangener Kriege bestanden überwiegend aus Frauen und Kindern. Es ist mir unverständlich, wie man sie zurücklassen kann. Auf der anderen Seite ist die Gemengelage in Syrien so unübersichtlich, der Weg nach Europa so strapaziös oder (über das Meer) lebensgefährlich, dass es durchaus nachvollziehbar ist, ganz archaisch den stärksten Jungen zu schicken, einen neuen Lebensraum für die Familie zu suchen. Die Menschen fliehen nicht aus einem preußischen Stellungskrieg, nicht aus einer Materialschlacht wie Verdun. Sie kommen aus einem Terrorkrieg. Jeder Einzelne kann manipuliert sein. Aus diesem Grunde sollte eine Kontrolle unbedingt an unseren Landesgrenzen erfolgen, um die Bevölkerung in unserem friedlichen Land nicht zu gefährden. In der islamischen Gesellschaftsordnung stehen Männer über Frauen und Kindern. Es ist durchaus denkbar, dass einige zunächst die eigene Haut retten wollen. Eine Flucht kostet Geld. Kleine Kinder können vielleicht den Gefahren nicht trotzen, die sich bis zur Landesgrenze ergeben. Sie können die Flucht erschweren.
Aufgrund dieser mannigfachen Schwierigkeiten und Beweggründe steht niemandem eine Bewertung von Schutzsuchenden aus einem Kriegsland wie Syrien zu. Eine Familienzusammenführung von Eltern und Kindern sollte selbstverständlich sein. Der subsidiäre Schutz ermöglicht dies nicht. Es muss aber auch klar sein, dass es im Moment nicht möglich ist, Menschen aus ungeordneten - aber relativ sicheren - Ländern aufzunehmen. Die ausgelösten Massenmigrationen zerstören auch Infrastrukturen. Menschen verlieren ihre Existenzgrundlagen durch das entstandene Chaos. Die neue Bundesregierung sollte als erstes Einreise, Asyl- und Aufenthaltsgesetze zusammenfassen in einem vernünftigen, humanitären, zu bewältigenden Gesetz. Das Wichtigste ist ein baldiger Frieden. Menschen müssen sicher in ihren Heimatländern leben können. Daran müssen wir alle zusammen in der nächsten Zeit arbeiten. Konstruktiv, klug und vernünftig.
Eine temporäre Nutzung geeigneter, leer stehender, großer Gewerberäume für kulturelle Zwecke würde ich in Absprache mit Eigentümern - also mietvertraglich geregelt - begrüßen. Zur Zeit ist Berlin in den innerstädtischen Bezirken überfüllt; die Konjunktur ist gut. Künstlerinnen und Künstler müssen andere Kieze für sich entdecken und berühmt machen. Jugendhilfeprojekte werden von mir nicht toleriert, da junge Menschen zu ihrer Familie gehören. Solche Einrichtungen sind ganz und gar kontraproduktiv.
Wenn Sie mit Wohnprojekten Hausbesetzungen meinen, ist dies auch differenziert zu betrachten. Ich habe eine Menge Zeit verloren, am Mariannenplatz 23 um 3 Uhr nachts Betondielen zu verlegen. Meine Kochkünste wurden als antifeministisch verschmäht. Ich kann jungen Leuten nur raten, im Umland günstig unter korrekt vereinbarten Besitzverhältnissen und Arbeitsstunden ein renovierungsbedürftiges Objekt zu erwerben. Lebenszeit ist extrem komprimiert zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Ausbildung, Kinder, Abenteuer müssen untergebracht werden und für das Alter vorgesorgt. Es empfiehlt sich, nicht auf das ideologische Gerede manipulativer Kommunarden zu hören, die nur die Arbeitskraft für eigene Zwecke ausnutzen möchten.
Ich stamme aus den 80er Jahren, dem Höhepunkt der Zivilisation. Frauen ohne Handtaschen. Als Hardcorefeministin möchte ich dir mitteilen, dass ich eine zur Schau getragene, selbstbewusste Weiblichkeit außerordentlich begrüße. Machtgefällebeziehungen einer islamischen Gesellschaftsordnung, eine Unterwerfung von Frauen durch Befehle, Regeln und Kontrollen - das alles ist mit den Werten der Aufklärung nicht vereinbar. Solche Gelüste sind behandlungsbedürftige Krankheiten.
Herzlichen Gruß
Sibylle