Frage an Sibylle Pfeiffer von Thomas S. bezüglich Gesundheit
Liebe Frau Pfeiffer,liebe Sybille-
Sicherlich ist Dir der Unmut der niedergelassenen Ärzte über die letzte EBM Reform nicht verborgen geblieben ?!!
Warum wächst der Unmut aller Ärzte ?
Es geht dabei um das Missverhältnis zwischen Leistungsanspruch des Versicherten und dem zur Deckung dieses Leistungsanspruchs zur Verfügung stehenden Finanzvolumen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dieser Zusammenhang wird oft übersehen oder bewusst verschwiegen.
Deutschland hat weltweit den umfangreichsten Leistungskatalog in der Gesundheitsversorgung, was bedeutet, dass es mehr Geld für die Gesundheitsversorgung zur Verfügung stellen müsste, um den Anspruch der Versicherten zu erfüllen. Und eben dies ist nicht der Fall. Denn Deutschland nimmt je nach Berechnungsart Platz 3 in den Gesundheitsausgaben ein, bezogen auf das Brutto-Inlandsprodukt, oder nur Platz 10, bezogen auf Pro-Kopf-Ausgaben der Bevölkerung (in US-Dollar; OECD 2006).
Ansprüche nahmen zu, die Konflikte auch
Zur Lösung des Konflikts zwischen Leistungsanspruch und Leistungsfinanzierung ist es erforderlich, die drei Voraussetzungen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung anzuerkennen und in Einklang zu bringen:
* Bedarfsgerechter Leistungskatalog
* Bedarfsgerechte Finanzierung des Leistungskatalogs
* Leistungsgerechte Honorierung der Leistungserbringer
Diese drei Faktoren bilden eine Einheit. In jedem Leistungsbereich und damit auch in der Gesundheitsversorgung gibt es die Möglichkeit, durch eine effizientere Versorgung und durch Strukturveränderungen Einsparungen zu erzielen. Mit keiner dieser Maßnahmen ist jedoch das Missverhältnis zwischen Leistungsanspruch und Leistungsfinanzierung in der GKV zu beheben. Alleinige Lösung ist die Reduzierung des Leistungskataloges und damit des Leistungsanspruches des Versicherten. Dies stößt auf Widerspruch, ist jedoch der einzig mögliche Weg, um auch künftig eine gesicherte Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Wie gedenkt die CDU damit umzugehen?
Liebe Grüße
Thomas Schäfer
Lieber Thomas,
so selten sehen wir uns nun auch wieder nicht, als dass Du mich über "abgeordnetenwatch" kontaktieren musst. Dennoch, vielen Dank für Dein Schreiben.
Natürlich ist mir der Unmut der Ärzte nicht verborgen geblieben. Die Beschwerden von ihnen und die öffentliche Diskussion führen ja zu einer großen Verunsicherung - und zwar der Betroffenen und ihrer Patienten. Ich habe sehr wohl Verständnis für die Sorgen und Ängste der Ärzte. Kein Verständnis habe ich allerdings, wenn der Streit auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird, wenn Praxen zeitweilig geschlossen werden oder wenn Patienten zur Vorkasse gebeten werden. Das geht in meinen Augen nicht.
Du sprichst die Stellung des deutschen Gesundheitssystems in der Welt an. Ich weiß, dass wir ein Gesundheitssystem haben, um dass uns die ganze Welt beneidet. Als Entwicklungspolitikerin, die mit vielen ausländischen Politikern gesprochen hat, kann ich Dir versichern, dass gerade das deutsche Gesundheitssystem als Vorbild für viele Länder dient.
Du fragst nach der Position der CDU in dieser Sache. Diese ist glasklar: Die CDU will, dass in Zukunft jeder in unserem Land eine gute, wohnortnahe medizinische Versorgung erhält und dass alle am medizinischen Fortschritt teilhaben können - und zwar unabhängig vom Geldbeutel.
Natürlich kostet ein gutes Gesundheitssystem Geld. Aber ich halte es nicht für klug, dass jeder Verbesserungsvorschlag (das gilt übrigens für alle Politikbereiche) zwangsläufig in der Forderung nach mehr Geld im System endet. Mehr Geld ist noch lange keine Garantie für Qualität. Natürlich müssen, aufgrund des demografischen Wandels und des medizinisch-technischen Fortschritts Struktur, Organisation und Finanzierung der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung zukunftsweisend weiterentwickelt werden.
Zur Honorarreform: Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Rahmen für ein neues ärztliches Vergütungssystem geschaffen.
Was viele nicht wissen: Damit wurden langjährige Forderungen der Ärzteschaft umgesetzt: Die Budgetierung der ärztlichen Honorare ist beendet und die vertragsärztlichen Leistungen werden seit dem 1. Januar 2009 grundsätzlich mit festen Preisen einer nach haus- und fachärztlichen Leistung getrennt ausgestalteten regionalen Eurogebührenordnung vergütet.
Ich bitte auch Folgendes zu bedenken: Damit die finanzielle Lage der Ärzteschaft insgesamt verbessert und ein Absinken der Honorarsituation in Folge der Bundeseinheitlichkeit der Vergütung vermieden werden kann, wurde insbesondere auf Betreiben der Union das Gesamtvolumen der ärztlichen Vergütung im Vergleich 2007/2009 um mehr als 2,7 Mrd. Euro angehoben! Das sollte auch der breiteren Öffentlichkeit kommuniziert werden, genau wie die Tatsache, dass die weitere Ausgestaltung der ärztlichen Honorarreform Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung ist, d. h. von Ärzten und Krankenkassen. Dazu gehört insbesondere auch die Honorarverteilung.
Lieber Thomas, für ein persönliches Gespräch, um das komplexe Thema "Gesundheitssystem" eingehender zu erörtern, stehe ich Dir gerne zur Verfügung - auch außerhalb des Forums von "abgeordnetenwatch". Wir sollten einen Termin vereinbaren.
Mit freundlichen Grüßen
Sibylle Pfeiffer