Frage an Sibylle Pfeiffer von Gerhard M. bezüglich Staat und Verwaltung
Hallo Frau Pfeiffer,
als der damalige Bundeskanzler Schmidt den Studenten die BAFÖG-Rückzahlung schenken wollte, kam er damit nicht durch, obwohl die Verwaltung der Rückzahlung teurer war, als die Beträge, die zurückgezahlt wurden. Ist das heute noch immer so?
Vor etwa 2 Jahren lief im Fernsehen eine Sendung "Das Märchen von der gerechten Steuer". Es wurde erklärt, dass Deutschland mehr als 114000 Steuerregeln und Steuergesetze habe. Stimmt das heute noch, oder ist es noch schlimmer? Was kostet es den Steuerzahler, diesen Apparat aufrecht zu erhalten? Wollte nicht die CDU mit Merz und Kirchhoff eine drastische Vereinfachung einführen? Was ändert sich jetzt daran in den nächsten 2 Jahren?
Mit freundlichen Grüßen,
Gerhard Menger
Sehr geehrter Herr Menger,
die Verwaltungskosten für die bürokratische Abwicklung von BAföG sind nicht höher als die erwarteten Rückzahlungen – im Gegenteil. Laut jüngstem BAföG-Bericht lag der Verwaltungskostenanteil in den letzten Jahren bei lediglich 2,5%. Dieser geringe Anteil resultiert insbesondere daraus, dass das Bundesverwaltungsamt zentralisiert arbeitet und die meisten Vorgänge automatisiert ablaufen. Daher – und auch aus Gründen der Gerechtigkeit – sehe ich keine Notwendigkeit, pauschal auf die Rückzahlung von BAföG-Darlehen zu verzichten.
Es gibt allerdings die Möglichkeit, jedem Studierenden, der durch überdurchschnittliche Studienleistungen und eine kurze Studienzeit hervorsticht, die Rückzahlung des BAföG-Darlehens in Teilen zu erlassen. Dadurch honoriert und fördert der Staat – zu Recht - Engagement und Leistungsbereitschaft.
Ihre Frage nach der zukünftigen Steuergesetzgebung lässt sich dagegen nicht so einfach beantworten. Prinzipiell ist ein vereinfachtes Steuermodell im Sinne jeder Partei. Hier steht das Abschaffen von Vergünstigungen, Ausnahmeregelungen und Steuergesetzen im Vordergrund. Unklar ist jedoch, wie ein konkretes Konzept aussehen soll. Schließlich befürwortet jeder die Streichung von Subventionen oder ähnlichem - jedoch nur solange er als Bürger, Unternehmer oder Angestellter einer bestimmten Branche nicht selbst davon betroffen ist. Sobald Kürzungen auch das eigene Budget angreifen, regt sich Widerstand, dem die Politik in meinen Augen viel zu leicht nachgibt.
Ich möchte beispielhaft auf die Diskussion über die Abschaffung der sog. Pendlerpauschale hinweisen. Ihre Folge war, dass die Politik wieder vorsichtiger geworden ist, das Steuerrecht signifikant zu ändern. Jedoch ist es das Ziel der Koalition, das Einkommenssteuerrecht noch in dieser Legislaturperiode zu überarbeiten. Daher hoffe ich, dass wir nach der Steuerschätzung im Mai diesbezüglich erste Gespräche führen können. Vor dem Hintergrund der immensen Staatsverschuldung warne ich aber davor, noch in diesem Jahr allzu große Steuerentlastungen zu erwarten – das kann sich unser Land in dieser schwierigen Zeit nicht leisten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Sibylle Pfeiffer