Frage an Sevim Dağdelen von Sonja E. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dagdelen,
ich finde, dass Mobbing endlich strafbar sein sollte. Ich war selbst Mobbing-Opfer während meiner gesamten Realschulzeit. Das geht auf Dauer sehr auf die Substanz. Es führt zu psychischen Krankheiten, Selbsthass und zu Ängsten im zwischenmenschlichen Bereich. Ich habe deshalb (heimlich) Wege zur Bewältigung gesucht. Ansonsten hätte ich schon mit 15 Jahren Selbstmord begangen.
Ich habe die Seite kummerkasten.de gefunden, wo ich endlich Gehör gefunden habe. Bei meinen Eltern war das nicht möglich. Die hatten kein Verständnis für mein Gefühlsleben und haben verhindert, dass ich mal zum Psychologen gehen konnte. Haben sich vor der Haustür gestellt und mich nicht rausgelassen. Sie meinten ich brauche das nicht. Ich wäre ja aus dem Fenster geklettert, wenn ich nicht in der 1. Etage mein Zimmer gehabt hätte. Ihnen zu erzählen ich gehe zu einer Freundin hat ebenfalls nichts genutzt. Ein Anruf zur Telefonseelsorge war mir zu riskant. Den Anruf hätten sie garantiert mithören können. Selbst bei geschlossener Tür. Ich wollte nicht, dass jemand, der so wenig Emphatie hat mithört. Ich war nie zu Sprechstundenzeiten von Psychologen alleine zu Hause. Das erste Mal war ich dann alleine zu Hause als ich 16 war. Wäre zu spät gewesen.
Mobbing kann ein Leben zerstören. Deshalb bin ich für ein Anti-Mobbing-Gesetz für Deutschland. Wie stehen Sie dazu?
Mit freundlichen Grüßen
S. E.
Sehr geehrte Frau E.,
Mobbing in Schulen ist ein ernstes Problem. Die Auswirkungen auf Betroffene können – wie in ihrem Fall – sehr schwerwiegend sein. Der Umgang mit diesem Problem wird meist einfach den Schulen überlassen, die oftmals damit überfordert sind.
Sollten einzelne Mobbinghandlungen einen Straftatbestand darstellen, sind diese strafbar, sofern die Täter in einem straffähigen Alter sind. Ein eigenes Anti-Mobbing-Gesetz ist hierfür in meinen Augen nicht nötig. Dennoch braucht es ein systematisches Vorgehen der Länder, bei denen die Kultushoheit liegt, um gegen Mobbing an Schulen vorzugehen. Die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle zur umfassenden Erhebung und Evaluierung von Mobbing kann hierfür ein erster Schritt sein. Beratungs- und Seelsorgeangebote, egal ob persönlich, telefonisch oder im Netz, sind ausgesprochen wichtig für Betroffene, um einen richtigen Umgang mit Mobbing zu finden.
Mobbing ist jedoch nicht nur ein Problem an Schulen: Viele erwerbstätige Menschen leiden unter Mobbing am Arbeitsplatz, was zu schwerwiegenden persönlichen, existenziellen und gesundheitlichen Problemen führen kann. Die Folgen von Mobbing richten aber auch gesamtgesellschaftlich Schaden an, ökonomisch, betrieblich und gesellschaftlich.
Mobbing am Arbeitsplatz ist in Deutschland noch kein Straftatbestand, einzelne Mobbinghandlungen sind jedoch strafbar und können auch zur Anzeige gebracht werden.
DIE LINKE strebt eine Legaldefinition des Begriffs Mobbing an, wodurch es möglich wird, juristisch gegen diese Form der Ausgrenzung vorzugehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sevim Dagdelen