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Sevim Dağdelen
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Frage von Friedhelm K. •

Frage an Sevim Dağdelen von Friedhelm K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dagdelen,

derzeit wird das Thema Wahlrechts-Reform sehr heiß diskutiert, weil eine Zahl von über 800 Abgeordneten bei der nächsten Wahl droht. Ich halte eine solch hohe Zahl für ungut für die Demokratie, weil Entscheidungsfindungen länger dauern und der Eindruck entsteht, dass die Abgeordneten möglichst Ihre eigenen Mandate sichern wollen.
Mich würde ihre Position dazu interessieren. Also sind Sie für eine Wahlrechtsreform , welche die Anzahl der Abgeordneten im Bundestag reduzieren würde? Wenn ja, welches Modell würde Ihnen vorschweben? Falls Sie eine Wahlrechtsreform ablehnen, warum?
Mit freundlichen Grüßen
Friedhelm Kaimann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr K.,

ich bedanke mich für Ihre interessante Frage und bitte die späte Antwort zu entschuldigen. Inzwischen ist einiges geschehen: CDU/CSU und SPD haben ihre Wahlrechtsreform durch den Bundestag gebracht, die nicht anderes ist als eine Mogelpackung. Das Modell von Union und SPD wird die Zahl der Sitze kaum verringern und vertagt das Problem eines aufgeblähten Bundestags nur. Besonders problematisch ist die beabsichtigte Regelung, drei Überhangmandate nicht auszugleichen – eine einseitige Bevorzugung von CDU und CSU.

Der gemeinsame Gesetzentwurf der Fraktionen DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für eine Wahlrechtsreform (Drucksache 19/14672 - http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/146/1914672.pdf) sieht unter anderem eine Verkleinerung der Zahl der Wahlkreise vor. SPD und Union haben diesen Vorschlag abgelehnt. Insbesondere die CSU hat die Reform des Wahlrechts blockiert, bei der die Zahl der Wahlkreise verringert wird.

Unser gemeinsamer Gesetzentwurf behält das System der personalisierten Verhältniswahl bei und setzt an der Vermeidung von Überhangmandaten an. Das Verhältnis von Listen- und Direktmandaten soll zugunsten der Listenmandate verändert werden. Konkret: Die Zahl der Wahlkreise wird von 299 auf 250 verringert, die Gesamtsitzzahl moderat auf 630 erhöht. Eine Reduzierung der Zahl der Direktmandate führt wegen der Verringerung des Risikos der Entstehung von Überhangmandaten dazu, dass deutlich weniger Ausgleichsmandate notwendig werden. Zudem wird das Sitzkontingentverfahren abgeschafft. Denn auch dieses Verfahren führt zu unnötigem Ausgleichbedarf für andere Parteien, um den Zweitstimmenproporz bei der Sitzverteilung wieder herzustellen. Unser Vorschlag wirkt sich proportional auf alle Parteien aus.

Vorschläge, die darauf zielen, unausgeglichene Überhangmandate beizubehalten, sind in meinen Augen nicht akzeptabel. Die Sitzverteilung im Bundestag muss im Sinne der Verhältniswahl dem Zweitstimmenergebnis der Parteien nach einer Wahl entsprechen. Eine Regierungsmehrheit muss die Wählermehrheit widerspiegeln und darf sich nicht aus dem Zufall des Entstehens von Überhangmandaten ergeben.

Gemeinsam mit FDP und Grünen hat DIE LINKE eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht angestrengt, um das neue Wahlrecht darauf überprüfen lassen, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Am 14. August wurde ein Eilantrag abgelehnt, bei der Bundestagswahl am 26. September gilt das von den Koalitionsfraktionen beschlossene Wahlrecht. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren wird erst zu einem späteren Termin nach der Wahl erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Sevim Dagdelen

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