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Sevim Dağdelen
BSW
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Frage von Erik W. •

Frage an Sevim Dağdelen von Erik W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dagdelen,

ich stelle fest, dass Sie zum Wahlkampfauftritt von Herrn Erdogan eine differenzierte Meinung haben [1].

Ich hätte nun die ganz allgemeine Frage, ob Ihnen ein Staat aus der Geschichte oder der Gegenwart bekannt ist, der eine islamische Bevölkerungsmehrheit hat, bzw. hatte, und welcher die Ziele der Linken möglichst umfassend umgesetzt hat. Ich denke hierbei natürlich nicht an die veröffentlichten speziellen Ziele [2] sondern an die ganz grundsätzlichen Ziele Ihrer Partei.

Hintergrund meiner Frage ist, dass ein CDU-Abgeordneter davon ausgeht, dass die Deutschen mit Nicht-Migrationsnhintergrund in guten 20 Jahren in der Minderheit sein werden [3].

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für Sie, bzw. die Arbeit Ihrer Partei, aus Ihrer Antwort?

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie einer Antwort nicht mit Hinweis auf "Theoriedebatten" aus dem Weg gehen würden. Immerhin handelt es sich bei dem beschriebenen Sachverhalt nicht um irgendwelche "was wäre wenn"-Fragen sondern um einen ganz konkreten Ausblick.

Mfg Erik Wille

[1] http://www.deutsch-tuerkische-nachrichten.de/2014/05/502175/sevim-dagdelen-deutschland-muss-seine-unterstuetzung-fuer-erdogan-beenden/
[2] http://www.bundestagswahl-bw.de/wahlprogramm_die_linke.html
[3] http://www.martin-gillo.de/aktuell.asp?mid=0&uid=0&iid=247null

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr Wille,

auch wenn Sie das nicht gerne lesen wollen, tatsächlich geht es bei der Demografie sehr wohl in vieler Hinsicht um "Was-wäre-wenn"-Fragen. Die demografische Entwicklung, d.h. die Veränderung der Bevölkerungs- und der Altersstruktur, ist nur bedingt wissenschaftlich prognostizierbar. Deshalb ist manche Prognose eher Prophetie als exakte Vorhersage oder wie Sie es formulieren als "konkreter Ausblick". In diesem Sinne fungiert Demografie als Mittel der sozialpolitischen oder auch demokratietheoretischen Demagogie. Den von Ihnen suggerierten Zusammenhang zwischen "islamischer Bevölkerung", deren mglw. perspektivischen Mehrheit und bestimmten politischen Inhalten erschließt sich mir zudem nicht. Weder besteht ein Automatismus zwischen (sozio)kultureller (religiöser) Fragmentierung, Demokratie und Konflikten, noch gibt es die von Ihnen erwähnte "islamische Bevölkerungsmehrheit" als homogene Masse. Die übergroße Mehrheit der Muslime in Deutschland sind übrigens laut mehreren Studien und Umfragen säkularisiert. Mir ist auch ein Automatismus zwischen "islamischer Bevölkerung" und antidemokratischen Einstellung nicht bekannt. Genau so wenig gibt es einen Automatismus zwischen Deutschen und demokratischen Einstellungen wie die als Langzeitstudie angelegte Reihe "Deutsche Zustände" von der Forschungsgruppe des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung in Bielefeld unter Leitung des Pädagogikprofessors Wilhelm Heitmeyer immer wieder verdeutlicht hat.

Die Frage könnte nicht zuletzt auch sein, wie viele sogenannte Bio-Deutsche denn einen Test auf ihre Liberalität und Humanität bestehen würden. Gerade im Zusammenhang mit neonazistischen Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und anderen Bundesländern und rassistischen Einstellung (gerade da, wo der Anteil der Eingewanderten besonders niedrig ist) lassen da wenig Hoffnung aufkommen.

Sie sehen, es ist müßig Kaffeesatzleserei zu betreiben. Das ist keine seriöse Politik an der ich mich beteiligen möchte.

Mit freundlichen Grüßen,
Sevim Dagdelen

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