Frage an Sevim Dağdelen von Rainer H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Dagdelen,
ich beziehe mich auf den TAZ-Artikel vom: 05.06.09
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/bundesagentur-bespitzelte-arbeitslose/
Die Bespitzelung arbeitsloser Bürger im Land, wurde durch die BA per Dienstanweisung festgelegt. Die Bewaffnung der Spitzel gegen Bürger wurde im Text der Dienstanweisung mit KO-Spray empfohlen, verdeckte und offene Observierung wurde "geregelt". Das, was wir an der ehemaligen DDR als unwürdigen Stützpfeiler der Diktatur empfunden haben, nämlich das Ausspähen der Bürger, die Überwachung in verdeckter und offener Form, wird von der BA unter der Verantwortung des Herrn Minister Olaf Scholz, installiert und betrieben!
Er schreibt jedoch auf seiner Webseite
http://www.olafscholz.de/deutsch/reden__texte/index.php?news_id=779
am 20.03.2009:
"... Ein Raum geschützter Privatheit ist das natürliche Recht jedes Menschen. Eine lückenlose Überwachung darf es deshalb in keinem Lebensbereich geben. Vieles von dem, was in letzter Zeit an Grenzüberschreitungen bekannt geworden ist, war auch nach geltender Rechtslage nicht in Ordnung. ..."
Herr Heinrich Alt, im Vorstand der BA, hält die Bespitzelung von Transferleistungsempfängern trotz Rücknahme der Dienstanweisung für nötig:
Sie sind Mitglied einer Menschenrechtspartei. Sind Sie der Meinung, dass in unserer Demokratie die
Bürgerrechte Aller gleichwertig zu achten sind? Ist durch die BA eine Weiterführung der Bespitzelung geplant oder im Gange? Wie viel Geld wurde bislang für KO-Spray für die Spitzel ausgegeben?
Wie viel Geld verdient ein Spitzel, der im Dienst der BA Bürger überwacht? Wie weit soll sich eine solche Vorgehensweise denen der DDR-Praktiken noch annähern? Was bedeuten diesbezüglich für Sie als Linke-Politikerin Begriffe wie Demokratie, Freiheit, Bürgerrecht und Menschenrecht? Ich freue mich auf Ihre Antwort.
MfG
Rainer Hill
Sehr geehrter Herr Hill,
Ihre engagierte und sichtlich besorgte Anfrage habe ich zur Kenntnis genommen. Statt en detail zu den aufgeworfenen Fragen zu antworten, beschränke ich mich auf ein paar Sätze zu den Grundsatzfragen.
Ich stehe im Einklang mit der Position der LINKEN, dass die mit den sogenannten Hartz IV Gesetzen geschaffene soziale und ökonomische Lage vieler tausender LeistungsempfängerInnen und ihrer Angehörigen ein Verstoß gegen die Menschenwürde als Leitprinzip des Grundgesetzes darstellt. Dies nimmt in der Praxis bei der Antragstellung und den weitreichenden Offenbarungspflichten seinen Anfang, geht über die Absenkung bzw. Abschaffung von Zumutbarkeitsregeln bei Arbeitsangeboten, über Sanktionsdrohungen hin zu den von Ihnen geschilderten aufsuchenden Kontrollen. Dies alles zusammengefasst befinden sich ALG II EmpfängerInnen zugespitzt anscheinend in einem Zustand aufgehobener bürgerlicher Existenz einschließlich der dazugehörigen Rechte, in einer Art Vogelfreiheit innerhalb des kapitalistischen Systems.
Dass der Fisch tatsächlich vom Kopf stinkt, zeigen nicht zuletzt auch die zahlreichen erfolgreichen Klagen gegen Entscheidungen der Arbeitsagenturen und Gemeinden. Dabei wird oft sogar noch die ohnehin schlechte gesetzliche Ausgangslage zum Nachteil von AntragstellerInnen überspannt.
Eine verlässliche und wirksame Abhilfe hiergegen kann letztlich nur der Gesetzgeber schaffen. Und zwar indem nicht allein die Hartz IV Gesetze abgeschafft werden, sondern auch das dazugehörige sozioökonomische Umfeld auf den Prüfstand kommt. Zu denken ist an die Forderung der LINKEN, für Menschen in Beschäftigungsverhältnissen ein gesetzliches Lohnminimum von 10 Euro zu garantieren, die moderne Sklavenarbeit in Form der Leiharbeit abzuschaffen und vieler mehr. Unter http://www.linksfraktion.de können sie alle weiteren wichtigen Positionen und Informationen meiner Fraktion erhalten.
In diesem Sinne, mit freundlichen Grüßen
Sevim Dagdelen
Weitere Fragen an Sevim Dağdelen
Den AfD-Antrag haben wir sorgsam geprüft. In der Endabwägung konnten wir nicht zustimmen, die vorgeschlagene konkrete Umsetzung ist vielfach kritikwürdig.
Mit kritischen Positionen wird oft unsachlich umgegangen. Dennoch vertreten immer größere Teile der Bevölkerung von der Regierungslinie abweichende Haltungen.
DIE LINKE sollte wieder Politik im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung machen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen ist hierfür nicht der richtige Weg.
Die Schwere des Grundrechtseingriffs beim Einzelnen steht in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen einer Impfpflicht für die Gesellschaft.