Frage an Sergej Henke von Kurt S. bezüglich Soziale Sicherung
Laut Wahlwerbung Ihrer Partei sind die Mieten um 27 % unter ROT-ROT (letzten 10 Jahren, 3 % p.a.) gestiegen. Wie vereinbar sich dies mit der Mieterschutzgesetzgebung, die eine Mieterhöhung bis 20 % innerhalb von drei Jahren (6 % p.a.) zulässt? Wie wollen Sie auf diese Gesetzgebung, welche vom Bund vorgegeben ist in Berlin ändernt einwirken?
Sehr geehrter Herr Schmidt,
mit einiger Verzögerung – die letzte Woche hatte es in sich – beantworte ich Ihre Fragen
u. zw. einmal zur Verschuldung Berlins und zum anderen zur Mietenpolitik der CDU wie folgt:
Die Berliner CDU hat Anfang 2002 mit ihrem Masterplan Haushaltskonsolidierung und im Jahr 2005 mit ihrer abweichenden Stellungnahme zum Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Eine Zukunft für Berlin“ die Grundzüge ihrer Strategie zur Haushaltskonsolidierung dargelegt. Grundlage soll die Weiterführung der 2001 durch den rot-roten Senat abgebrochenen Verwaltungsreform mit der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) sein. Im Mittelpunkt dieses Reformansatzes steht die Steuerung der Berliner Verwaltung auf der Grundlage der von ihr zu erbringenden Dienstleistungen. Das System der Berliner KLR ermöglicht nach ihrer vollständigen Einführung gleichermaßen die aufgabenkritische Evaluierung aller Aufgaben der Berliner Verwaltung, aller Verwaltungsprozesse und der damit verbundenen Kostenfolgen. Gleichzeitig liefert das System auch die Grundlage für ein besseres Qualitätsmanagement.
Das höchste Einsparpotential findet sich bei den Transferausgaben. Transferausgaben sind alle Ausgaben für Stellen außerhalb der unmittelbaren Verwaltung, also etwa für freie Träger im Sozialbereich. Insgesamt hat Berlin 2010 Transferausgaben in Höhe von rund 10 Milliarden Euro getätigt. Das sind bereits über 700 Millionen Euro mehr, als Berlin überhaupt an Steuereinnahmen hat. Diese 10 Milliarden beinhalten nicht die Finanzierung der staatlichen Grundleistungen, wie etwa das öffentliche Schulsystem, den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur oder die Ausgaben für den öffentlichen Dienst (dessen Gehälter allein mit zusätzlichen 6,6 Milliarden Euro pro Jahr zu Buche schlagen). Das ist ein klares Missverhältnis im Haushalt, das sich auch im Einzelnen belegen lässt: Während für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen (Hochbau), wie zum Beispiel Schulgebäude, im Jahr 2010 nur 208,4 Millionen Euro zur Verfügung standen, wurden für soziale oder ähnliche Einrichtungen über 1,9 Milliarden Euro ausgezahlt, davon 284,3 Millionen Euro an nicht-staatliche Einrichtungen. Weitere 2,5 Milliarden Euro kamen hinzu, die zu Gunsten hilfebedürftiger Personen ausgezahlt wurden - teilweise über soziale Träger wie beispielsweise die Treberhilfe. Kurz: die Transferausgaben Berlins sind hoch, aber nicht zielgerichtet strukturiert. Auch fehlt eine Differenzierung der freien Träger, zwischen denen, die gute Arbeit leisten und solchen, die weniger wirksam arbeiten.
Wir wollen Hilfe für Menschen organisieren und nicht für Strukturen. Wer Berlin künftig regieren will, muss darauf achten, dass die Gewichte zwischen den einzelnen Ausgabeblöcken stimmen und die Transferausgaben nicht weiter steigen und insbesondere die Sozialtransfers aufgrund besserer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen möglichst abgesenkt werden können. Berlin muss auch bei der Struktur der Transferausgaben weg von einem Reparaturbetrieb für die durch falsche Gesellschafts- und Sozialpolitik verursachten Missstände hin zu einer wachstums- und wohlstandsorientierten Politik für alle gesellschaftlichen Gruppen. Heute müssten nach Berliner Haushaltsrecht alle Zuwendungsempfänger nach spätestens neun Monaten ihre Ausgaben belegen. Tatsächlich sind über drei Viertel (!) der Zuwendungen aus den Jahren 2006 bis 2008 auch nach drei Jahren nicht richtig abgerechnet. Wir werden wieder wirksam kontrollieren. Zudem müssen alle Zuwendungsempfänger, die keinen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch auf Finanzierung haben, ihre Projekte bei jeder Antragstellung und jeder Fortführung öffentlich (Internetplattform) begründen und zur Diskussion stellen. Auf der Grundlage dieser Begründungen werden auf Basis einheitlicher, transparenter und fairer Kriterien Entscheidungen getroffen. Eventuell freiwerdende Mittel werden in die Sanierung der Schulen, Kindertagesstätten, Sportanlagen und Straßen investiert, so dass diese Gelder letztlich wieder zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden.
Am Ende der Regierungszeit von CDU-geführten Regierung in Berlin im Jahr 2001 belief sich die Schuldenlast auf 39 Mrd. Euro. Dies war eine hohe Schuldenlast gewesen, aber im Bundesdurchschnitt. Insbesondere die schnelle Rückführung der Berlin-Förderung auf Null von 1989 bis 1991 bei gleichzeitig vereinigungsbedingten Ausgaben in Berlin hat die Schulden anwachsen lassen. Die Bankenkrise im Jahr 2001 hat zu knapp 2 Mrd. Euro Neuverschuldung geführt. Im Rahmen der Veräußerung der Landesbank konnte hingegen Berlin Einnahmen von ca. 5 Mrd. Euro verbuchen.
Zur Mietenpolitik:
Die CDU hat nicht die Absicht die Rahmengesetzgebung des Bundes zu verändern. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens hat das Land Berlin ausreichend Möglichkeiten, eine vernünftige Mietpolitik in Berlin zu gestalten. Nachhaltige Mietendämpfung ist vor allem durch Angebotsvergrößerung möglich. Die CDU hat hierzu ein detailliertes Programm. Wir werden Luxussanierungen und überzogene energetische Standards zu Lasten der Mieter nicht zulassen.
Die Neubauleistung muss auf etwa 6.000 Wohnungen pro Jahr gesteigert werden. Die CDU wird sich daher nachdrücklich dafür einsetzen, dass die Wohnungsbaufördermittel des Bundes auch über 2013 hinaus in voller Höhe erhalten bleiben. Gleichzeitig wollen wir die Vergabepolitik des Liegenschaftsfonds im Hinblick auf Grundstückpreise und Parzellengröße kritisch überprüfen, sowie die verstärkte Nutzung vorhandener Brachflächen und Baulücken unterstützen. Die CDU lehnt den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaften - auch von Teilbeständen - ab. Gerade die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sind in einer besonderen Weise verpflichtet, breite Schichten der Bevölkerung auch mit preiswertem Wohnraum zu versorgen.
Darüber hinaus muss die „zweite Miete“ spürbar gesenkt werden. Grundsteuer, Wasser, Müll, Straßenreinigung und Winterdienst: Überall, wo das Land Berlin abkassieren kann, treibt es die Mietnebenkosten in die Höhe. Landessteuern, Abgaben, Müllgebühren und andere durch das Land beeinflussbare Betriebskostensteigerungen müssen der Ver-gangenheit angehören. Beim Wasserpreis kann Berlin sofort auf seinen Gewinnanteil und die Konzessionsabgabe verzichten und so den Wasserpreis unmittelbar senken. Die Ausführungsvorschrift Wohnen ist hinsichtlich der Kriterien zur Übernahme von Betriebs- und Heizkosten zu überarbeiten und zu konkretisieren.