Frage an Sepp Daxenberger von Sylvester R. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Daxenberger!
Auf ihrem Augsburger Parteitag haben die grünen Delegierten, gegen die Anschauung des Landesvorstandes, sich mit einer satten Zweidrittel-Mehrheit dafür ausgesprochen, dass Kreuze aus bayerischen Schulen zu entfernen seien. Außerdem solle das Tragen religiöser Symbole in der Schule untersagt werden (eine Klosterschwester dürfte dann, wenn ich es denn richtig verstanden habe, nicht mehr in der Ordenstracht unterrichten, ein Pfarrer oder ein Diakon müssten ihr Ansteckkreuz vom Revers entfernen). Konsequenter Weise müssten in der Folge wohl auch irgendwann die Gipfelkreuze auf unseren Bergen beseitigt werden, damit Nichtchristen sich davon nicht belästigt fühlen. Ich persönlich glaube, dass die Grünen sich mit dem Augsburger Parteitagsbeschluss einen echten Bärendienst erwiesen haben und dass viele Wähler, die ansonsten Ihrer Partei durchaus gewogen sind, den bayerischen Grünen diesmal ihre Stimme verweigern werden. Das weiß ich aus zahlreichen Gesprächen. Freilich ist mir auch bekannt, dass Sie selber dafür plädieren, in dieser Sache „die Kirche im Dorf zu lassen“ und sich auch für den Erhalt der Kreuze in den Schulen aussprechen. Als kirchlicher Mitarbeiter (Diakon und Religionslehrer) hätte ich deshalb eine Frage an Sie ganz persönlich: Wie würden Sie sich denn verhalten, wenn es im Fall einer Regierungsbeteiligung der Grünen einmal dazu kommen würde, dass ein Beschluss anstünde, die Kreuze tatsächlich aus den Schulen zu entfernen? Wäre Ihnen die Sache dann so wichtig, dass Sie für sich selber persönliche Konsequenzen ziehen würden? Oder würden Sie sich der Parteiraison beugen?
Mit freundlichen Grüßen,
Sylvester Resch, Diakon
Sehr geehrter Herr Resch,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema religiöse Symbole. Zunächst einmal haben Sie richtig geschrieben, dass der Parteitagsbeschluß als Änderungsantrag zum Vorschlag des Landesvorstandes gefallen ist. Allerdings ging es dabei nicht um die Entfernung der Kreuze, das kommt in den Änderungsantrag nicht vor. Wenn Sie unser Programm lesen, können Sie das auch nicht finden. Wir haben das noch einmal festgestellt. Bei der Diskussion ging es auch nicht um Nonnen, Pfarrer oder gar Kreuze, sondern ausschließlich um die Frage, ob Moslemische Frauen als Lehrerinnen im Unterricht ein Kopftuch aufhaben dürfen. Wir als Landesvorstand gingen davon aus, dass das möglich sein müsste, weil das Grundgesetz die Gleichberechtigung aller Religionen vorschreibt und der Staat sich in religiösen Fragen neutral zu verhalten hat. Der Änderungsantrag, der sehr emotional vorgetragen wurde von einer bekannten Grünen, die, selbst Moslem, vor ca. 2 Jahren die moslemischen Frauen aufgefordert hat, die Kopftücher als Symbol der Unterdrückung abzunehmen und daraufhin massive Morddrohungen bekam und lange unter Polizeischutz stand. Ihr Schicksal beherrschte die Diskussion. Die Mehrheit der Delegierten wollte das Kopftuch im Unterricht verbieten, sonst nichts. Dadurch dass alle Religionen gleich zu behandeln sind, wurde dann gleich alle religiös motivierten Kleidungsstücke abgeräumt. Nicht aber die Kreuze. Trotzdem finde ich diesen Beschluss falsch. Wer wird schon z.B. einen Juden die Kippa vom Kopf schlagen? Diesen Beschluss habe ich von Anfang an als nicht praktikabel und als nicht umsetzbar betrachtet. Und er wird auch nicht umgesetzt, wenn wir in einer Regierung beteiligt sind. Wir haben die Aufgabe, Bayern zukunftsfit zu machen in der Bildung, bei der Energiewende, durch Gentechnikfreiheit.
Wir Grüne stehen für Werte, hinter denen jeder Christ stehen kann. Erhalt der Schöpfung, Solidarität, Gerechtigkeit, Achtung der Menschenrechte usw. Wir haben bei den Grünen viele Aktive, die in der Kirche engagiert sind und um die Bedeutung der Kirche in der Gesellschaft wissen.
Zu ihrer konkreten Frage kann ich deutlich sagen, mit mir wäre ein Gesetz das die Entfernung der Kreuze vorschreibt, nicht machbar. Diese Sorgen mache ich mir aber auch nicht. Das habe ich schon oft genug klar gestellt, zuletzt in einem Interview in der Süddeutschen.
Mit freundlichen Grüßen,
Sepp Daxenberger