Frage an Sebastian von Hoff von Ralf D. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Sebastian von Hoff,
wie stehen Sie zu Mindestlöhnen und dem von Ihrer Partei bevorzugten Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens?
Mir stellen sich dabei besonders folgende Fragen:
1. Wie hoch sollte ein bedingungsloses Grundeinkommen eines Erwachsenen sein?
2. Wie genau soll ein solches BGE finanziert werden?
3. Sind Sie der Meinung, dass ein BGE einige Menschen nicht davon abhalten würde arbeiten zu gehen?
4. Sollte es einen Abstand zwischen einem Mindestlohn und einem BGE geben und wenn ja, wie groß sollte dieser sein?
5. Wann würden Sie das Konzept eines BGE für gescheitert erklären?
6. Was unterscheidet das Konzept der Piraten zum BGE vom Konzept anderer Parteien zu Mindestlöhnen/Grundeinkommen?
Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen.
Ralf Dorste
Hallo Herr Dorste,
ich bin ein großer Befürworter eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) und auch von Mindestlöhnen bis zu dessen Einführung. Eine endgültige Meinung, ob Mindestlöhne nach Einführung eines BGEs noch notwendig sind, konnte ich mir bis jetzt noch nicht bilden. Mit einem BGE ist ja Niemand gezwungen einen für ihn unangemessenen Lohn zu akzeptieren. Eine Regulierung könnte hier unter Umständen entfallen, da das Ziel eines Mindestlohns (eine Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit) ja durch das BGE bereits erfüllt ist.
zu 1.)
Eine genaue Zahl kann ich Ihnen hier jetzt nicht nennen, aber von der Idee her soll ein Bedingungsloses Grundeinkommen so hoch sein, dass einerseits eine sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe möglich ist, anderseits aber der Anreiz auf einen Verdienst durch Erwerbsarbeit weiter bestehen bleibt. Entsprechend den Entwicklungen müsste hier auch nach Einführung stetig nachjustiert werden.
zu 2.)
Wir Piraten haben uns in unserem Programm auf kein spezielles Modell festgelegt, vielmehr wollen wir eine Enquetekommission einrichten, in der Vertreter*innen der Parteien und Expert*innen die verschiedenen bestehenden Modelle auf Umsetzbarkeit überprüfen und eventuell sogar neue Modelle entwickeln.
Am Ende sollen dann über versch. Modelle in einer Volksabstimmung abgestimmt werden.
Ich persönlich halte momentan das Modell, das eine Finanzierung über die Einkommenssteuer vorsieht für geeignet, z.B. eine Besteuerung ab dem 1. verdienten Euro.
zu 3.)
Ich gehe durchaus davon aus, dass ein BGE einige Menschen davon abhalten wird einer Arbeit nachzugehen, halte diese Zahl aber für gering. Viele Menschen die derzeit gerne Arbeiten gehen würden, sehen nicht ein, warum sie dies tun sollten, wenn sie dadurch am Ende des Monats kaum mehr als die normale Grundsicherung hätten, bzw. trotz ihrer Arbeit noch Aufstocken müssten. Anstatt zu motivieren, demotiviert unser aktuelles System eher.
Ebenfalls gehe ich davon aus, das einige Menschen Arbeit nachgehen werden, die eventuell nicht entlohnt wird. Ehrenamtliche Arbeit leistet schon jetzt einen enormen Beitrag zur Gesellschaft, diese wird durch ein BGE gefördert und für viele Menschen erst ermöglicht.
zu 4.)
Das mit dem Abstand zwischen Mindestlohn und BGE verstehe ich leider nicht. Alle bekommen ja das Grundeinkommen und wenn jemand etwas zusätzlich verdient, dann hat er, unabhängig vom Stundenlohn, auf jeden Fall mehr, als jemand der nur sein BGE hat.
zu 5.)
Sollte es wie von den Piraten gefordert zu einer Volksabstimmung über ein BGE kommen und eine Mehrheit lehnt die vorgeschlagenen Konzepte ab, halte ich das BGE für mittelfristig hier in Deutschland nicht mehr umsetzbar. Ein BGE kann nur funktionieren, wenn es breit diskutiert und von der Gesellschaft akzeptiert und gewollt wird.
Diese Diskussion wird auch immer stärker geführt und mit Blick auf die Volksabstimmung über ein Grundeinkommen in der Schweiz wird sich diese Diskussion wahrscheinlich in nächster Zeit noch intensivieren.
zu 6.)
Ich kenne nicht alle Grundeinkommensmodelle der anderen Parteien, aber es gibt soweit mir bekannt in allen größeren Parteien Befürworter*innen die aber leider keine Mehrheit auf Bundesebene haben. Jedenfalls das Konzept der FDP, das Bürgergeld, soll nur im Zusammenhang mit einer Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt werden, dies widerspricht jedenfalls unserer Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen.
Die Piratenpartei hat sich beim BGE ja wie bereits erwähnt auf kein Konzept festgelegt, sondern auf 4 Kriterien die es erfüllen soll:
1. ohne Bedingungen
2. existenzsichernd
3. individuell berechnet
4. ohne Bedürftigkeitsprüfung
In der Einführungsphase sind aber auch für uns hier Modelle denkbar, die diesen Kriterien nur teilweise genügen. Wir sind hier offen für die gesellschaftliche Diskussion, letztens Endes darf die Entscheidung für oder gegen ein Konzept keine parteipolitische Entscheidung sein, sondern eine gesellschaftliche.
Unsere Forderung nach einem Mindestlohn unterscheidet sich von anderen Parteien darin, dass wir uns auf keine Zahl festlegen, sondern auf eine Berechnung auf Grund der Höhe des durchschnittlichen Jahresarbeitslohns in Deutschland. Außerdem fordern wir das der Mindestlohn für Zeitverträge um 8,33% höher sein soll, als der unbefristeter Verträge. Für das Jahr 2013 bedeutet dies: 9,02 Euro für unbefristete und 9,77 Euro für befristete Arbeitsverhältnisse.
Steigt der durchschnittliche Jahresarbeitslohn würde automatisch auch
der Mindestlohn steigen.
Mehr dazu finden sie hier:
http://berlin.piratenpartei.de/2013/07/02/wahlprogramm-bundestagswahl-2013-arbeit-und-soziales/
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen zufriedenstellend beantworten, für Nachfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Sebastian von Hoff