Frage an Sebastian Steineke von Steffen K.
Sehr geehrter Herr Steineke,
Sie stimmten gegen den Antrag der Opposition, Schiedsgerichte im Handelsabkommen CETA und TTIP zuzulassen. Können Sie mir Ihre persönliche Sicht auf dieses Handelsabkommen schildern.
Ich persönlich finde Handelsabkommen zwischen Staaten nicht schlimm. Jedoch haben hier Großkonzerne die Regeln in Geheimverhandlungen entworfen und sich dabei jeglicher parlamentarischer Kontrolle entzogen. Dabei sind bestimmt keine Vereinbarungen getroffen worden die vorrangig dem Verbraucherschutz, Arbeitsplatzsicherung oder soziale Grundsicherung betreffen. Ferner geht es hauptsächlich darum, dass sich die Konzerne unter dem Stichwort "Investorenschutz" gegen staatliche Kontrolle schützen.
Vielleicht ist es so, dass Deutschland etwas dovon profitiert. Jedoch geht dieser "Profit" zu Lasten Anderer bzw. Schwächerer.
Nun meine konkreten Fragen:
1.) Wann tritt CETA in Kraft. Unterzeichnet wurde das Abkommen ja bereits.
2.) Wird es vor der Ratifizierung durch Deutschland nochmal verhandelt?
3.) Können zukünftige Regierungen das Abkommen widerrufen oder gelten die Regelungen bis an das Ende aller Tage?
4.) Inwieweit nimmt das deutsche Parlament Einfluss auf TTIP und wer ist beteiligt?
5.) Gibt es Schätzungen was der Investorenschutz kosten könnte? Es gibt ja aus anderen nordamerikanischen Abkommen Erfahrungen.
Da nicht einmal der europäische Binnenmarkt reibungslos funktioniert, wird auch der geplante transatlantische Markt auch nur mehr Probleme schaffen als Lösungen bringen.
Mit freundl. Grüßen
Steffen Krei
Sehr geehrter Herr Krei,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 31. Mai 2015 auf < http://abgeordnetenwatch.de/ > .
Die Abkommen TTIP und CETA sollen ein neues Zeitalter der wirtschaftlichen Verflechtung über dem Atlantik einläuten. Die positiven Effekte auf Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und das reale Einkommen der Bürgerinnen und Bürger wurden in einer Vielzahl von Studien analysiert. Solche Abkommen können ein wichtiger Beitrag sein, um Wohlstand sowie sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt in Europa, den USA und Kanada nachhaltig zu sichern. Erwartet werden Wachstumsimpulse sowie die Schaffung von einer Vielzahl von neuen Arbeitsplätzen in Europa.
Nicht nur die transatlantischen Handelsbeziehungen würden damit einen wichtigen Schub erfahren. Vielmehr würde auch die Grundlage für weitere gemeinsame Projekte geschaffen, z.B. im Bereich des Klimaschutzes oder für eine nachhaltige Energieversorgung. Daher befürworte ich die Abkommen im Grundsatz. Eine vollständige Bewertung bei TTIP ist für mich allerdings erst möglich, wenn das Ergebnis der TTIP-Verhandlungen feststeht. Wie bisher achtet die Bundesregierung bei den Verhandlungen zu TTIP im Übrigen darauf, dass der Vertragsinhalt auf begrenzte Regelungsbereiche beschränkt wird. Weder unsere Sozialsysteme noch Verbraucherrechte oder Kernaufgaben wie Bildung und Kultur werden von TTIP umfasst. Darüber hinaus bleiben unsere hohen Standards im Umwelt- und Lebensmittelbereich erhalten. Deutschland hat bei der Erteilung des Verhandlungsmandats an die Europäische Kommission streng darauf geachtet, dass klassische nationale Aufgaben bei TTIP außen vor bleiben. In dem Zusammenhang kann hier also von keiner Beschränkung der Entscheidungskompetenzen u.a. des Deutschen Bundestags gesprochen werden. Bezüglich des von Ihnen angesprochenen Investitionsschutzes sieht die Bundesregierung grundsätzlich keine Notwendigkeit für die Einbeziehung von Regelungen zum Investitionsschutz und zu Investor-StaatSchiedsverfahren (ISDS) in das Abkommen, da z.B. amerikanische Investoren in der EU sowie EU-Investoren in den USA hinreichenden Schutz vor nationalen Gerichten haben. Diese Position hat die Bundesregierung schon in den Beratungen über das Verhandlungsmandat zum TTIP vertreten. Die Verhandlungen hierzu wurden zunächst ausgesetzt. Das Ergebnis in dieser Frage bleibt offen.
Gern möchte ich auch Ihre Einzel-Fragen beantworten:
1.) Das Abkommen wurde noch nicht unterzeichnet. Es liegt bislang lediglich der Abschlusstext vor. Dieser wird im Handelspolitischen Ausschuss in Brüssel beraten und dort einer mehrmonatigen Rechtsförmlichkeitsprüfung unterzogen. Diese technischen Arbeiten dürften Mitte dieses Jahres abgeschlossen sein. Danach muss der Rat der Europäischen Union einen Beschluss über die Unterzeichnung des Abkommens fassen. Anschließend steht noch die Zustimmung des Europäischen Parlamentes aus. Die Bundesregierung betrachtet CETA im Übrigen als "gemischtes Abkommen", in dem nicht nur die EU als solches, sondern auch die Mitgliedsstaaten Vertragspartner werden. In diesem Fall wäre zur Annahme ein Beschluss des Abkommens durch den Deutschen Bundestag notwendig.
2.) Die inhaltlichen Verhandlungen zum CETA sind abgeschlossen.
3.) Das CETA kann von den Vertragsparteien mit einer Frist von 6 Monaten wieder gekündigt werden.
4.) Siehe hierzu auch meine obigen Ausführungen. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags lassen sich von der Bundesregierung regelmäßig über den Verhandlungsstand informieren. Deutschland hat der EU - wie alle anderen Mitgliedsstaaten - ein Verhandlungsmandat erteilt, welches die inhaltlichen Fragen und Grenzen bestimmt.
5.) Derartige Schätzungen sind mir nicht bekannt. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass auch ohne etwaige Schiedsverfahren auf jeden Fall ein Investorenschutz über die bisherigen Rechtsinstrumente vorhanden wäre, der in möglicherweise nachfolgenden Verfahren zu Kosten führen könnte.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Steineke