Frage an Sebastian Roth von Hans-Jörg R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter herr Roth,
Krankenhäuser sind ein wesentlicher Teil einer guten Gesundheitsversorgung. Sie werden derzeit systematisch finanziell ausgeblutet. Die Krankenhausbeschäftigten sind das Hauptziel des Sparkurses. Immer weniger Stellen, immer größere Arbeitsbelastung und die Entlohnung bleibt immer mehr hinter der allgemeinen Entwicklung zurück.
Laut Gesetz sind die Länder verpflichtet, die Krankenhäuser ausreichend finanziell abzusichern. Dem kommt jedoch kein Land nach - das belegen Zahlen der Obersten Landesgesundheitsbehörden.
Die Unterfinanzierung der Krankenhäuser bestimmt zunehmend die Patientenversorgung und die Arbeitsbedingungen der Krankenhausbeschäftigten. Krankenhäuser bekommen häufiger zusätzliche Kosten auferlegt, die von den Kliniken nicht oder kaum beeinflussbar sind. Dies betrifft insbesondere die Tarifsteigerungen aus den vergangenen Tarifrunden, steigende Energiekosten, die Erhöhung der Mehrwertsteuer, aber auch die Anschubfinanzierungen für neue Versorgungsmodelle der Bundesregierung.
Der gesetzlich verordnete Budgetdeckel für die Krankenhäuser stranguliert die Krankenhäuser immer mehr. Dies zwingt die Krankenhäuser durch Absenkung der Personalkosten die finanziellen Lücken zu schließen.
Die Krankenhäuser in Deutschland sind in einer desolaten Situation. Patienten müssen immer schneller durch die Kliniken geschleust werden. Die flächendeckende Versorgung ist in Gefahr. Die Qualität der Patientenversorgung leidet und die Beschäftigten geraten immer mehr unter Druck. Immer mehr wird die Gesundheit zu einer Ware gemacht.
Was würden Sie bzw. was werden Sie im Falle einer Wahl gegen diese Missstände unternehmen?
Wie stellen Sie sich eine optimale Patientenversorgung vor?
Wie definieren Sie eine optimale Personalpolitik in den Krankenhäusern, damit diese ihre Patienten optimal versorgen können?
Sehr geehrter Herr Rabenstein,
ich sehe die momentane Entwicklung im Gesundheitswesen sehr kritisch. Dass sie kaum zu lösen scheint, führe ich zum großen Teil auf den starken Einfluss verschiedener Interessengruppen zurück (z.B. private Krankenversicherungen), die eine Lösung von Grund auf verhindern. Derzeit wird nur korrigiert und das System immer weiter verkompliziert, statt die Versorgung von Grund auf neu zu regeln. In der Wirtschaft würde man sagen: Hier hilft nur Business-Reengineering.
Wir haben im Gesundheitswesen derzeit in vielen Fällen eine Zweiklassengesellschaft. Dies wäre meiner Meinung nach nur durch eine einheitliche Bürgerversicherung als Basisversorgung zu lösen, die sich sozial gerecht an der Einkommenshöhe orientiert. Momentan hat nur der Besserverdiener die Wahl, ob er privat oder gesetzlich versichert sein will. In vielen Fällen zahlt der gesetzlich Versicherte sogar den höheren Beitrag und bekommt dafür die schlechtere Versorgung.
Solange nicht alle Parteien an einem Strang ziehen und sich ein Stück weit vom Einfluss der Interessengruppen lösen, wird eine grundlegende Lösung kaum möglich sein. Die wäre aber nötig, um die steigenden Kosten (demographische Entwicklung!) sozial gerecht zu verteilen und eine gute Versorgung aufrecht zu erhalten. Im Wege steht dabei sicher auch, dass der größte Teil der Abgeordneten die Problematik nur vom Erzählen kennt, da sie selbst meist privat versichert sind.
Derzeit verschlechtert sich die Versorgung zunehmend, solange man nicht privat versichert ist oder selbst bezahlt.
Leidtragende dieser Entwicklung sind neben den Patienten aber auch die Ärzte und das Pflegepersonal, auf deren Schultern der Konflikt ausgetragen wird.
Hier haben sowohl Union als auch SPD in der großen Koalition vollkommen versagt. Aber in der Demokratie hat es Wähler in der Hand. Entweder er akzeptiert die Verknüpfung von Interessengruppen und Politik weiterhin oder er wählt eine Politik, die sich vor allem der Sache widmet. Die ist meistens grün, aber eben nicht immer bequem.
Mit besten Grüßen
Sebastian Roth