Sebastian Lohmann
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Frage von Bettina H. •

Frage an Sebastian Lohmann von Bettina H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Erhalt des soziokulturellen Hausprojekts Brunnenstr.183 mit dem „Umsonstladen“

In Ihrem Wahlkreis besteht seit 1995 das Wohn- und Sozialprojekt Brunnenstr.183 mit dem „Umsonstladen“. Im Haus lebt zur Zeit eine bunte multiethnische Gruppe mit 25 BewohnerInnen im Alter von 20 bis 80 Jahren. Das Projekt umfasst einen Veranstaltungsraum mit Volksküche, einen Proberaum und mehrere Ateliers und Werkstätten. Die Hausgemeinschaft organisiert diverse nichtkommerzielle Veranstaltungen.
Den „Umsonstladen“ gibt es seit bald 5 Jahren. Ein Kollektiv betreibt den Laden aus persönlichem Engagement als Alternative zur kapitalistischen Warengesellschaft. Die Nutzung des Ladens und der Dinge ist kostenlos. Menschen trennen sich von gut erhaltenen Dingen, die sie nicht mehr brauchen, andere schauen, was sie brauchen können. Jede Woche wird der Laden von mehreren 100 Menschen aus allen Teilen Berlins genutzt. Der „Umsonstladen“ ist Umweltpreisträger des Bezirks Mitte.
Die 25 Bewohner/innen und der „Umsonstladen“ sind derzeit durch die Pläne des neuen Hauseigentümers in ihrer Existenz bedroht. Dieser beabsichtigt eine Sanierung des Gebäudes, welche in keiner Weise auf die Bewohnerschaft Rücksicht nimmt und das weitere Bestehen des „Umsonstladens“ ausschließt.

Werden Sie sich für den Erhalt des soziokulturellen Hausprojekts Brunnenstr.183 mit dem „Umsonstladen“ einsetzen ?

Antwort von
WASG

Sehr geehrte Frau Hammerstaedt, danke für Ihre Frage.

Ja, sehr gerne würde ich mich für den Erhalt des Hausprojekts Brunnenstr.183 mit dem "Umsonstladen" einsetzen. Ich selber bin großer "Fan" vom Umsonstladen und war auch bereits öfters im Haus zur VoKü und zu Latinopartys.

Das Konzept von Tauschringen, welches bei den Herrschenden natürlich keinen großen Anklang findet, da es weder die Wegwerfgesellschaft fördert noch Mehrwertsteuer einbringt, finde ich sehr interessant. Leider wird heutzutage bereits das laute Nachdenken über Alternativen zum aktuellen Wirtschaftssystem als quasi Gesellschaftsfeindlich betrachtet. Alles was Expansion und Gewinnstreben der Wirtschaft entgegensteht: Gemeinnützigkeit, Genossenschaften, Kündigungsschutz, Arbeitszeitregelungen, Umwelt- und Qualitätssicherungsstandards kommt auf den Prüfstand. Die größte Lüge dabei ist, dass größere Gewinne der Wirtschaft mehr Arbeitsplätze und Wohlstand für alle bedeuten. Genau das Gegenteil ist der Fall. Während die größten dt. Unternehmen BMW, Bayer, Commerzbank, Dt. Bank, Dt. Börse, Commerzbank, Henkel von Jahr zu Jahr über die größten Gewinne ihrer Unternehmensgeschichte berichten, wird das Volkseinkommen und damit auch die Kaufkraft Jahr für Jahr durc
h Mehrbelastungen immer weiter beschränkt und Arbeitsplätze sogar noch vernichtet.

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Tauschringe werden geduldet, solange sie nicht erfolgreich sind und nicht mit den Interessen der Wirtschaft kollidieren. Andernfalls werden sie verboten oder Kommerzialisiert siehe z.B. Internettauschbörse Napstar. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg. Was bleibt ist die Hoffnung, dass irgendwann genug Menschen die größeren Zusammenhänge erkennen und stark genug sind diesem "Verbrannte-Erde-Wirtschaftssystem" etwas entgegenzusetzen. Den Bewohnern der Brunnenstrasse 183 kann ich nur wünschen, dass es Ihnen gelingt mit dem neuen Eigentümer eine Vereinbarung in Form einer Sanierung in Selbsthilfe zu schließen. Allerdings bilden sich meiner Erfahrung nach auch in alternativen Projekten immer wieder die gleichen Machtstrukturen, wie in der Gesellschaft die man eigentlich kritisiert und verändern möchte. Meiner Erfahrung nach setzen sich in alternativen Projekten im fortgeschrittenen Stadium auch immer die Stärkeren mit dem besserem finanziellen und besserem Bild
ungshintergrund durch, während die Fantasten, Utopisten und Aktivisten der ersten Stunde auf der Stecke bleiben. Dies liegt offensichtlich in der Natur des Menschen begründet.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Lohmann