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Sebastian Körber
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Frage von Anna W. •

Frage an Sebastian Körber von Anna W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Körber,

mein Name ist Anna Wehrheim und ich bin Schülerin der 12 Klasse des Gymnasiums am Römerkastell in Alzey. Im Rahmen meiner Facharbeit "Von der Politikverdrossenheit der Bürger zur Bürgerverdrossenheit der Politiker- Befindet sich die repräsentative Demokratie in der Krise?" beschäftige ich mich unter anderem mit der sich wandelnden Protestkultur in unserem Land und interessiere mich deshalb für Stimmen von Bürgern und Politkern zu ihrem subjektiven Empfinden des Verhältnisses von den Regierenden zu den Regierten.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich in meiner Arbeit unterstützen könnten, indem Sie den angehängten Fragebogen beantworten.
Schon jetzt vielen Dank für Ihre Zeit und Mühe.

Mit freundlichen Grüßen

Anna Wehrheim

1) Wie bewerten Sie die aktuelle Protestkultur in Deutschland, im Hinblick auf die Demonstrationen gegen Stuttgart 21 und die Proteste gegen Castortransporte?

2) Wie bewerten Sie die momentan praktizierte Kommunikation zwischen Parlament und Öffentlichkeit?

3) Was kann Ihrer Meinung nach getan werden, um diese Kommunikation in Zukunft aufrechtzuerhalten, beziehungsweise zu verbessern?

4) Halten Sie persönlich Volksentscheide auf Bundes- und/ oder Länderebene für sinnvoll?

5) Haben Sie alternative Vorschläge, die Bürger besser in den politischen Entscheidungsprozess einzubinden und die Akzeptanz der Bevölkerung für bereits getroffene Entscheidungen zu erhöhen?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Wehrheim,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne und wie folgt beantworte:

1) Wie bewerten Sie die aktuelle Protestkultur in Deutschland, im Hinblick auf die Demonstrationen gegen Stuttgart 21 und die Proteste gegen Castortransporte? Spätestens seit den Protesten gegen Stuttgart 21, aber eigentlich schon seit den alljährlichen Aktionen gegen Castor-Transporte diskutiert die Republik, ob aus dem deutschen Michel ein „Wutbürger“ geworden ist. Die einen halten nur den aufsässigen Bürger für einen guten Bürger und sehen neues Engagement für das Gemeinwesen am Werk. Andere sehen skeptischer auf diese Protestkultur und argwöhnen, hier trete eine neue Unverantwortlichkeit auf den Plan: Man ist gegen alle Großprojekte nach dem St.- Florians-Prinzip. Ich vermute, die Wahrheit etwas differenzierter: Die Mehrheit der Menschen hat sich nach meiner bisherigen Erfahrung nicht im „Dagegen" eingerichtet. Ja, sie haben Sympathie und Verständnis für (friedliche) Proteste gegen dieses oder jenes - verharren aber durchaus nicht bei der Ablehnung, äußern durchaus Verständnis für die Schwierigkeiten der Politik(er), bei der Abwägung von Eigennutz- und Gemeinwohl- Interessen in immer komplexeren Sachverhalten.

2) Wie bewerten Sie die momentan praktizierte Kommunikation zwischen Parlament und Öffentlichkeit?
Als nicht so schlecht, wie sie immer gerne gemacht wird. Freilich ist da jeder Parlamentarier auch selbst gefragt. Zweifellos ein wichtiger Prozess, der ständig optimiert und angepasst werden muss. Allerdings ist das auch keine Einbahnstraße. Ich setze auch in Zeiten von Facebook und Twitter (das neue Bundestags-App finde ich prima) nicht nur im Wahlkreis auf den persönlichen Kontakt bei Terminen/Veranstaltungen/Sprechstunden etc.- Besuchergruppen in Berlin sind durch das Internet vielleicht zu ergänzen, aber niemals zu ersetzen.

3) Was kann Ihrer Meinung nach getan werden, um diese Kommunikation in Zukunft aufrechtzuerhalten, beziehungsweise zu verbessern?
Patentrezepte für den Umgang mit dieser Herausforderung hat wahrscheinlich keiner. Vielleicht muss dabei mehr verdeutlicht werden, dass es nicht eine allmächtige allzuständige Alleskönner-Politik gibt und geben kann. Und: Die Talkshow-Inflation sehe ich diesbezüglich skeptisch, denn es gibt in so mancher Medienberichterstattung den Trend, der Unterhaltung Vorrang vor der Information, den Personalien Vorrang vor Sachinformationen und der schnellen Nachricht Vorrang vor der Analyse einzuräumen. Wir müssen uns als Politiker aber insbesondere vordringlich wieder eine verständliche und einfachere Sprache angewöhnen, sei es in persönlichen Gesprächen, in Reden und in Gesetzestexten.

4) Halten Sie persönlich Volksentscheide auf Bundes- und/ oder Länderebene für sinnvoll? Die FDP hat sich in ihrem Wahlprogramm klar für Bürgerentscheide, Bürgerbegehren und Bürgerbefragungen auf Landes- und Bundesebene ausgesprochen. Auch in den Koalitionsverhandlungen haben wir für diese Position geworben. Mit der Union war unsere Forderung nicht durchzusetzen. Die FDP ist auch weiter für die Einführung von Bürgerentscheiden auf Bundesebene. Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass wir eine höhere demokratische Legitimität durch Bürger-entscheide nur dann erreichen, wenn sich möglichst viele Menschen an Volksentscheiden beteiligen. Wichtig ist bei der Diskussion auch, dass die Kernaufgaben der Parlamente, wie das Haushaltsrecht und Bündnispflichtfragen von Bürgerentscheiden ausgenommen werden.

5) Haben Sie alternative Vorschläge, die Bürger besser in den politischen Entscheidungsprozess einzubinden und die Akzeptanz der Bevölkerung für bereits getroffene Entscheidungen zu erhöhen?
Das von der FDP-Bundestagsfraktion vor wenigen Wochen verabschiedete Positionspapier "Beteiligung und Erneuerung - 15 Punkte zur Bürgerbeteiligung und Planungsbeschleunigung bei privaten und öffentlichen Investitionen“ - nimmt sich u.a. dieses Themas ausführlich an und kann gerne unkompliziert in meinen Büro per E-Mail (sebastian.koerber@bundestag.de) als pdf-Datei angefordert werden.

Ich drücke Ihnen kräftig die Daumen für Ihre Facharbeit - besten Erfolg!

Sebastian Körber verbleibt mit freundlichen Grüßen.