Frage an Sebastian Körber von Timo S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Körber,
wie ich mit Erstaunen vernehmen musste, lehnte die Bundesregierung jüngst einen Antrag der Grünen-Fraktion ab, welcher den Anbietern von kostenpflichtigen Telefon-Hotlines untersagen sollte, während der Warteschleife teils horrende Gebühren zu erheben.
Nun meine Frage Herr Körber:
Nennen Sie mir auch nur einen einzigen vertretbaren Grund, warum man zu dieser verbraucherfeindlichen Entscheidung kam.
Wurde hier etwa wieder zu Gunsten einer Lobby entschieden?
Über eine rasche und ehrliche Antwort würden sich sicher viele Bürgerinnen und Bürger freuen.
Mit freundlichen Grüssen
Timo Stärker
Sehr geehrter Herr Stärker,
vielen Dank für Ihre Frage. Vorausgeschickt, sehr geehrter Herr Stärker: meine Antworten auf Bürgeranfragen - auch bei abgeordnetenwatch.de - sind grundsätzlich immer „ehrlich“ und – so gut es arbeits- und recherchetechnisch geht – „rasch“.
Keine Frage: Die Warteschleifenproblematik, über die wir uns alle als Verbraucher zu Recht ärgern, ist ein Problem bei vielen Branchen (Banken, Versicherungen, Behörden). Grundsätzlich steht es derzeit jedem Unternehmen frei, wie es seine Serviceleistungen ausgestaltet. Die Unternehmen könnten jetzt schon für den Verbraucher auch kostenlose Hotlines bereitstellen. Auf Initiative des Wirtschaftsministeriums untersucht die Telekommunikationswirtschaft, inwieweit geeignete Lösungen zur Reduzierung der preisintensiven Warteschleifen bereitgestellt werden können. Wirtschaftsminister Brüderle wird die Vorschläge in seinem Haus prüfen, ob sie ausreichend sind. Parallel dazu wird die Bundesnetzagentur im Rahmen des Rufnummernmanagements Voraussetzungen schaffen, die es den Angerufenen (Behörden, Banken, Versicherungen u.a.) ermöglicht bei 0180-er Rufnummern selber darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang Warteschleifen kostenfrei sind.
Das Telekommunikationsgesetz muss in meinen Augen so überarbeitet werden, dass Warteschleifen bei telefonischen Mehrwertdiensten kostenfrei sind, solange die Serviceleistung nicht beginnt. Dies ist erst der Fall, wenn der Kontakt mit einem Berater hergestellt worden ist. Ich werde mich dafür einsetzen, eine Regelung für alle sog. telefonischen Mehrwertdienste zu treffen, bei denen eine Preisberechnung pro Minute erfolgt. Die sind im Einzelnen:
Massenverkehrsdienste
• 0137-2 (14 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
• 0137-3 (14 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
• 0137-4 (14 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
• 0138-x (14 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
Service-Dienste
• 0180-1 (3,9 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
• 0180-3 (9 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
• 0180-5 (1 ct./Minute aus den deutschen Festnetzen)
Premium-Dienste
• 0900-x (Preis frei gestaltbar bis zu einer Obergrenze von 3 EUR/Minute bzw. 30 EUR/Anruf)
Bei den Nummernblöcken 0180-1, 0180-3 und 0180-5 („Service-Dienste“, ehemals „Shared-Cost-Dienste“) sind die Bemühungen der Bundesnetzagentur zu stärken, das sog. Offline-Billing bereitzustellen. Bestimmte Nummernblöcke unterliegen bereits einem Festpreis pro Anruf. In diesem Fall ist eine gesetzliche Regelung bzgl. der Warteschleifenproblematik unerheblich. Dies sind im Einzelnen: 0137-1/0137-8 (14 ct/Anruf), 0137-6 (25 ct./Anruf), 0137-7 (1 EUR/Anruf), 0137-8/0137-9 (50 ct./Anruf), 0180-2 (6 ct/Anruf), 0180-4 (20 ct/Anruf). Die Dienste des Nummernblocks 0800-x sind bereits nach geltender Regelung kostenfrei. Eine weitergehende Regulierung erübrigt sich deshalb.
Grundsätzlich muss es jedem Unternehmen frei stehen, wie es seine Serviceleistungen ausgestaltet und welchen Preisrahmen es für seine Serviceleistung wählt. Manch ein Unternehmen mag für ein Produkt oder eine Dienstleistung ein höheres Entgelt verlangen, dafür aber eine kostenfreie Servicehotline anbieten. Dagegen bietet ein anderes Unternehmen ein Produkt oder eine Dienstleistung zu einem niedrigeren Preis an, dafür entstehen aber für weitere Serviceleistungen per Telefon deutlich höhere Kosten. Dagegen ist nichts einzuwenden, denn der Kunde hat aufgrund der verschiedenen Geschäftsmodelle der Anbieter auch selbst die Wahlmöglichkeit, ob er lieber einen höheren Grundpreis oder eben Mehrkosten im Servicefall tragen will. Aber eine Warteschleife ist keine Serviceleistung.
Sehr geehrter Herr Stärker, die Koalition arbeitet bereits intensiv an einer verbraucherfreundlichen Lösung. Es gab daher für mich keinen Grund, dem durchsichtigen Schaufenster-Antrag der Grünen zuzustimmen. Dessen Motive - danach fragen Sie leider nicht - lagen zweifellos weniger im Inhalt als im damaligen NRW-Wahlkampf.
Sebastian Körber verbleibt mit freundlichen Grüßen.