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Sebastian Hüller
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Frage von Sven J. •

Warum dürfen politische Parteien laut §129 Abs. 3 StGB nicht als kriminelle Vereinigung gelten, selbst wenn sie die Kriterien erfüllen? Halten Sie diese Ausnahme für gerechtfertigt?

Nach §129 StGB können Gruppen als kriminelle Vereinigung eingestuft werden, wenn sie auf Straftaten ausgerichtet sind. Absatz 3 stellt jedoch politische Parteien unter einen besonderen Schutz: Selbst wenn eine Partei die Kriterien einer kriminellen Vereinigung erfüllt, bleibt sie straffrei, solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde. Dies unterscheidet Parteien von anderen Organisationen und gewährt ihnen eine privilegierte rechtliche Stellung. Kritiker sehen darin eine rechtsstaatlich fragwürdige Sonderbehandlung, die kriminelle Strukturen innerhalb von Parteien schützen könnte. Befürworter argumentieren, dass dies notwendig sei, um politische Auseinandersetzungen nicht durch Strafrecht zu ersetzen. Wie stehen Sie zu dieser Regelung? Sollte sie bestehen bleiben oder reformiert werden?

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Antwort von
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Guten Tag Herr J.

Folgend würde ich die Frage beantworten: 

Der § 129 Abs. 3 StGB ist Ausdruck des Parteienprivilegs des Artikels 21 GG und wesentlich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt. Parteien spielen in unserem politischen System eine besondere Rolle und in der deutschen Geschichte kam es leider vor, dass das Engagement in Parteien durch überzogene Ermittlungen erschwert wurden. Das Grundgesetz baut daher auf das Prinzip der Freiheit, und zwar auch und gerade für Parteien. Bei diesem freiheitlichen System besteht grundsätzlich – jedenfalls theoretisch – die Gefahr, dass Parteien das für kriminelle Aktivitäten ausnutzen. Aber es muss erstens berücksichtigt werden, dass Scheinparteien, die gar nicht das Ziel haben, an der politischen Willensbildung teilzunehmen, auch nicht in § 129 StGB privilegiert werden. Zweitens werden auch für kriminelle Aktivitäten von Parteimitgliedern strafrechtlich verfolgt und falle nicht unter das Parteienprivileg, wenn sie bloß nebenher erfolgen und nicht als Teil der Parteitätigkeit sind. Und drittens gibt es zahlreiche weitere Straftatbestände, die konkrete Rechtsgüter schützen. Wenn in Parteien regelmäßig Menschen bedrängt und angegriffen werden oder gegen bestimmte Teile der Bevölkerung gehetzt wird, dann werden die Taten als Körperverletzung, Nötigung, Volksverhetzung etc. verfolgt, ohne dass es auf § 129 StGB und ein Parteienprivileg ankommt. So wurde zum Beispiel Bernd/Björn Höcke in den letzten Monaten mehrfach wegen Straftaten verurteilt, obwohl das Verbotsverfahren gegen die AfD noch nicht angelaufen ist. In der aktuellen Parteienlandschaft sehe ich keine Fälle, in denen die Parteieneigenschaft für Aktivitäten missbraucht wird, die nach § 129 StGB verfolgt werden müssten. (Das steht natürlich theoretischen Diskussionen darüber, wie weit das Parteienprivileg reichen sollte, nicht entgegen.)

Ich bin nun kein Jurist, habe mir deshalb Beratung aus der Partei eingeholt.
Ich hoffe ich konnte Ihre Frage beantworten und entschuldige mich für die lange Antwortzeit.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Hüller