Frage an Sebastian Hartmann von Oliver G. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Hartmann,
in den letzten Wochen und Monaten wurden auf Bundesebene diverse Versuche unternommen die Freiheit und Offenheit des Internets auf verschiedenen Wegen einzuschränken. Viele dieser Initiativen gehen auf EU-Richtlinen zurück oder werden auch auf Europäischer Ebene diskutiert hier die Stichworte dazu:
* Vorratsdatenspeicherung von Verbindungsdaten
* Internetzensur statt Strafverfolgung bei Kinderpornographie
* Internetsperren für Urheberrechtsverletzungen
* Einschränkungen in der Netzneutralität
Das Internet hat sich in den letzten Jahren zu einem vollständig transnationalen offenen Kommunikationsraum entwickelt der für eine freie Gesellschaft im 21 Jhdt. zunehmend an Bedeutung gewinnt. Diese Entwicklung wird nun immer mehr durch Einflussnahme von partikulärinteressen gefährdet. Oft wird hierbei die Technologie für Soziale Entwicklungen haftbar gemacht. Interessengruppen (BKA, Medienindustrie etc...) versuchen den freien Fluss von Inhalten und Meinungen zu kontrollieren oder zu erschweren. So gelang es z.B der Verleger-Lobby in Deutschland das Internetangebot der öffentlich-rechtlichen Sender einzuschränken.
Betreiber von diversen Internetangeboten geraten ungerechtfertigt in den Konflikt mit der Strafverfolgung da Sie Dienste im Netz anbieten die bestimmten Intressengruppen nicht genehm sind. (z.B. WikiLeaks, PirateBay, Tor Betreiber)
Nun meine Fragen:
Wie wollen Sie sich im Europaparlament dafür einsetzen das das Netz ein freies, offenes und vorallem basisdemokratisches Medium bleibt?
Wie stehen Sie zur Internetzensur und zur 3-Strikes Klausel?
Werden Sie sich für eine Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung einsetzen?
Wie wollen Sie die Transparenz der politischen Entscheidungen des EU-Parlaments im Netz fördern?
Wie wollen Sie das Urheberrecht reformieren, so das das freie kopieren und nutzen von digitalen Werken möglich wird und die Urheber eine angemessene Vergütung erhalten?
Stichwort Kulturflatrate
mfg
Oliver Graute
Sehr geehrter Herr Graute,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Thema, das sie anschneiden, eignet sich nicht für einfache Antworten: Auf der einen Seite muss das Internet als ein Medium der freien Kommunikation erhalten werden. Andererseits darf es auch kein rechtsfreier Raum sein. In der Tat sehe auch ich die besorgniserregende Tendenz bei einigen, mit unverhältnismäßigen Maßnahmen die Freiheit im Netz zu stark einzuschränken. Ich begrüße daher, dass sich das Europaparlament mit den Stimmen der sozialistischen Fraktion eindeutig gegen die Politik der Internetsperren und so auch gegen die 3-Strikes-Klausel ausgesprochen hat. Damit wurde die Initiative des Rates, die ja vor allem vom französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy massiv betrieben worden ist, klar zurückgewiesen.
Ich begrüße auch, dass – auf Initiative der SPD-Fraktion - im Deutschen Bundestag der Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornografie noch einmal im Rahmen einer öffentlichen Anhörung breit diskutiert werden soll. Er wirft in der Tat einige rechtliche und tatsächliche Fragen auf, die geklärt werden müssen. Insbesondere die Bedenken aus der Internet-Communitiy sollten in diesem erneuten Diskussionsprozess aufgegriffen werden.
Zum Thema Urheberrechte: Das in Deutschland bekannte System der Verwertungsgesellschaften ist von seiner Grundidee brauchbar und müsste auch in das Zeitalter des Internets hinüber zu retten sein. Klar ist für mich schon, dass die Urheberrechte im Netz effektiver geschützt werden müssen als dies momentan geschieht. Wie ein solcher Schutz im Einzelnen aussehen kann, traue ich mir nicht zu, zum jetzigen Zeitpunkt abschließend zu bewerten.
Zur Vorratsdatenspeicherung: Sie wissen vermutlich, dass diese von der SPD mitgetragen wurde. Als rein präventive Maßnahme greift die Vorratsdatenspeicherung meines Erachtens zu massiv in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Insbesondere die – verdachtsunabhängige – Datenerhebung weist eine neue Qualität des Eingriffs auf. Persönlich halte ich hier andere und unter Umständen bessere Lösungen für denkbar. So wäre auch eine Lösung möglich gewesen, statt die Daten aller Nutzer pauschal zu sammeln, eben nur Daten im konkreten, unabhängig geprüften Verdachtsfalle zu sichern. Denn es kommt unabhängig von der Menge vorhandener Daten stets auf eine effektive Verfolgung von Straftaten an.