Wie möchten sie ihr Konzept des "liberalen Bürgergeldes" allgemein durchsetzen?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte.
Da Sie mich ja in meiner Eigenschaft als Kandidaten für das Abgeordnetenhaus ansprechen, darf ich Sie zunächst einmal darauf hinwiesen, dass es sich bei dem von uns angestrebten Bürgergeld um eine bundespolitische Maßnahme handelt, die außerhalb der Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin liegt.
Dennoch will ich gerne zu dem Thema Stellung beziehen, da es mir persönlich und auch den Freien Demokraten in Berlin sehr am Herzen liegt, warum wir das Bürgergeld als Modellprojekt in Berlin erproben wollen. Denn wir sind der Meinung:
Jede und jeder Einzelne soll die Chance haben, beruflich und privat aufzusteigen. Der moderne Sozialstaat muss ein Sprungbrett sein. Er muss ermutigen, Potentiale freisetzen und Anstrengung auch wirklich belohnen. Ziel muss es sein, dass Menschen möglichst schnell berufliche Fortschritte machen können. Wir Freie Demokraten wollen Chancen durch Freiräume eröffnen – für ein selbstbestimmtes Leben.
Wir Freie Demokraten wollen das Liberale Bürgergeld. Wir wollen steuerfinanzierte Sozialleistungen wie das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung im Alter, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder das Wohngeld in einer Leistung und an einer staatlichen Stelle zusammenfassen, auch im Sinne einer negativen Einkommensteuer. Selbst verdientes Einkommen soll geringer als heute angerechnet werden. So möchten wir das Steuer- und Sozialsystem verbinden. Die Grundsicherung muss unbürokratischer, würdewahrender, leistungsgerechter, digitaler und vor allem chancenorientierter werden. Daneben sollte der Passiv-Aktiv-Tausch weiterentwickelt werden, bei dem Gelder, die eine Leistungsempfängerin oder ein Leistungsempfänger erhält, in Lohnkostenzuschüsse für einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz umgewandelt werden können.
Wir Freie Demokraten wollen bessere Hinzuverdienstregeln beim Arbeitslosengeld II (ALG II) beziehungsweise beim angestrebten Liberalen Bürgergeld. Die aktuellen Regeln sind demotivierend und sie belohnen kaum, die Grundsicherung durch eigene Arbeit Schritt für Schritt zu verlassen. Bessere Hinzuverdienstregeln ermöglichen aber genau das: Sie bilden eine trittfeste Leiter, die aus Hartz IV herausführt. Das Einkommen von Jugendlichen aus Familien, die ALG II beziehen, soll bis zur Höhe eines Minijobs gar nicht angerechnet werden. Junge Erwachsene sollen künftig nicht mehr für Forderungen des Staates haften, welche auf ein Verschulden der Eltern - wie beispielsweise das verspätete Anzeigen einer Erwerbstätigkeit der Eltern - beruhen.
Wir Freie Demokraten wollen das Schonvermögen in der Grundsicherung ausweiten. Das betrifft insbesondere das Altersvorsorge- Vermögen, die selbst genutzte Immobilie und das für die Erwerbstätigkeit benötigte angemessene Kraftfahrzeug. Wir wollen Menschen davor bewahren, ihre auch abseits der staatlichen Förderung eigenverantwortlich und hart erarbeitete Altersvorsorge auflösen zu müssen. Wir wollen, dass sich Eigenverantwortung und Anstrengung auszahlen.
Wir Freie Demokraten wollen beim Arbeitslosengeld II beziehungsweise beim angestrebten Liberalen Bürgergeld einen einheitlichen Satz für alle erwachsenen Leistungsbezieherinnen und Leistungsbezieher – unabhängig vom Beziehungsstatus. Bei Rückforderungen durch die Jobcenter führen wir eine Bagatellgrenze für Kleinstbeträge ein. Beide Maßnahmen verringern den Verwaltungsaufwand und sorgen für eine transparentere und bürgern.here Grundsicherung. Dies erspart allen die teilweise entwürdigende Überprüfung der Wohn- und Familienverhältnisse.
In der Hoffnung Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Sebastian Czaja